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Aktionsbericht: Gegen die soziale Kälte. Erste Mahnwache für die Opfer des Aktivierungsregime

Aktive Arbeits… am So., 14.12.2014 - 12:16

Sozialministerium, Tag der Menschenrechte, 10.12.2014

Aktive Arbeitslose Österreich organisierten eine Mahnwache vor dem Sozialministerium in Wien und gedachten gemeinsam mit Vertretern der „AMSEL“ aus Graz, „AMSand“ und „Zum alten Eisen?“ sowie der „Bettellobby“ der unbekannten Opfer des zum neoliberalen Aktivierungs- und Arbeitszwangsregimes umgebauten „Sozialstaates“. Dieses Regime setzte die von Der Wirtschaft als„Überflüssige“ ausgeschiedenen einer fremd bestimmten „Aktivierung“ aus und bedroht sie massiv in ihrer Existenz durch bestandig angedrohten Existenzentzug durch Bezugssperren.

Die Politik wälzt nämlich ihre Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik als Schuld auf die Opfer der Wirtschaft, die arbeitslos und invalide gemachte, ab. Deutlich wird das beim AMS: Die Regierung schränkte 2004 den Berufsschutz weiter ein und weitete 2007 die Existenzbedrohung durch Bezugssperren aus und legalisierte einen „zweiten Arbeitsmarkt“ wo Menschen zu sehr niedrigen Pauschallöhnen in „sozialökonomischen Betrieben“ unter strenger Aufsicht oft weit unter deren Qualifikation arbeiten müssen. Statt sinnvolle Arbeit zu schaffen, werden Menschen in sinnlosen und oft demütigenden Zwangsmaßnahmen geparkt und ihrer Selbständigkeit beraubt.

Mit der Abschaffung der befristeten Invaliditätspension, der Einführung von Zwangsrehabilitation und dem Case Management werden die Aussortierten jetzt noch strenger überwacht. Invalide werden oft von AmtsärztInnen einfach als wieder „arbeitsfähig“ eingestuft und zum AMS abgeschoben, das überhaupt keine passenden Jobs für diese hat.

Weitere Existenzbedrohung erfahren die arm gemachten durch die Mindestsicherung, die den ganzen Haushalt einer Sippenhaftung unterwirft und dem AMS Regime unterwirft.

AMS, Sozialämter, PVA, Krankenkassen, Sozialversicherungsanstalt und Bundessozialämter werden durch zum Teil automatisierten Datenaustausch miteinander verknüpft. Die „Beratungsstelle“ fit2work wurde zur Arbeitsfähigkeitsüberwachungsagentur und Datendrehscheibe für Gesundheitsdaten ausgebaut.

Verschärfung beim Zugang zum Pflegegeld sowie durch nachträgliche Herabstufungen beim Behindertenpass. runden den aktuellen Sozialabbau ab und schließen die Armutsfalle „Aktivierungsstaat“, aus dem es nun so gut wie kein Entkommen mehr gibt. Systematischen Widerstand gab es nie, weil dieses System in vielen kleinen Schritten unter Mithilfe der Sozialpartner, also auch von AK und ÖGB, aufgebaut wurde.

Menschenrechte werden zu Pflichten umgedeutet: Aus dem Recht auf frei gewählte Arbeit wird die Pflicht Arbeit um jeden Preis anzunehmen. Aus dem Recht auf Gesundheit wird die Pflicht sich als gerade noch „arbeitsfähig“ zu erklären. Dieses neoliberale Umdeutung richtet sich gegen alle ArbeitnehmerInnen und ist wesentliche Stütze des „inneren Festungsregimes“ des neoliberalen Arbeitslagers Europa.

Um auf die schwelenden Missstände hinzuweisen haben „Aktive Arbeitslose Österreich“ im Vorfeld der Mahnwache Unterschriften mit Online-Petitionen gesammelt.

Eine Vertreterin des Ministerbüros nahm die Petitionen gegen die Verschlechterungen bei der Invaliditätspension (rund 400 UnterzeichnerInnen), für die einklagbare Verankerung sozialer Menschenrechte (rund 1.700) und für Urlaub für Arbeitslose (275) wort- und emotionslos in Empfang.

Ein reichhaltiges Rahmenprogramm haben namhaften KünstlerInnen aus Literatur, Musik und Aktionismus getragen. Es zeigte die vielfältigen Betroffenheiten auf. Maren Rahmann und Albert Dlabaja spielten sozialkritische Lieder, Martin Auer las aus seinen Gedichten und Ilja Trojanow aus seinem Buch „Der überflüssige Mensch“.

Und weil um das Sozialministerium tatsächlich klirrende Kälte herrschte und eisiger Wind blies, wärmte sich die versammelt Schar bei heißem Tee und mit Tänzen rund um das von Ioan Daniel Roman gestaltete Denkmal auf. Trotz widrigen Wetters kamen rund 40 Menschen. Im Gedanken waren viel mehr Menschen dabei, was sich aus den zahlreichen schriftlichen Solidaritätsbekundungen aus ganz Österreich, die ebenfalls verlesen wurden, leicht ableiten lässt.

Bezeichnend, dass Österreichs Mainstreammedien von dieser inhaltlich gewichtigen Veranstaltung keinerlei Notiz nahmen, obwohl die wichtigsten Redaktionen sogar in persönlichen Telefonaten angesprochen wurden. Einzig Sepp Zauner von der okto-Sendung „prekär“ und Renate Sassman machten Video-Beiträge. Auch gelang es nicht, Organisationen außerhalb der Arbeitslosenszene, die für den gemeinsamen Kampf um unser aller Menschenrecht zu begeistern. Dafür waren AktivistInnen von AMSEL extra aus Graz, sowie von „AMSand“ und „zum alten Eisen?“ gekommen.

Karin Rausch und Martin Mair

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