Aktive Arbeitslose fordern statt Alibiveranstaltungen echte und dauerhafte Einbeziehung von Betroffenenselbstorganisationen
(Wien, 7.3.2022) Obwohl „Aktive Arbeitslose Österreich“ es als einzige Betroffenenselbst geschafft haben, sich frühzeitig als Organisation zu registrieren, gab es seitens des Arbeitsministeriums bis zum heutigen Tag keinerlei näheren Informationen zu Inhalt der Enquete und Ablauf der immerhin eineinhalbstündigen Arbeitsgruppen, zu erfahren. Im vom Arbeitsministerium veröffentlichten Programm sind nämlich nur die Namen von Vortragenden zu erfahren. Nicht einmal ein Arbeitstitel oder wie bei professionellen Konferenzen üblich wenigstens ein Abstract sind zu erfahren, obwohl noch vor dem Sommer „die größte Reform seit 20 Jahren“ gemacht werden soll.
Die von der UNO bereits im Herbst 2013 im Rahmen der 5. Staatenprüfung1 über die Umsetzung des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte („WSK-Pakt“, „ICECSR“) eingemahnte Einbeziehung der Betroffenen schaut allerdings anders aus: Die UNO forderte nämlich einen regelmässigen und offenen Dialog, ILO Empfehlung 2022 verpflichtet Österreich zudem in allen Belangen des Sozialstaates Betroffenenselbstorganisationen bei der Planung, Durchführung und Evaluation von Sozialprogrammen Betroffenenselbstorganisationen mit einzubeziehen.
Das Volksbegehren „Arbeitslosengeld rauf“ kritisiert in einer Presseaussendung, dass bei der Enquete nur männliche Vortragende die für einen neoliberalen Abbau des Sozialstaates bzw. seine Privatisierung propagieren würden, aber niemanden, der den klassischen Sozialstaat ausbauen wolle, weshalb eine Privatisierung der Arbeitslosenversicherung befürchtet werde.
Aktive Arbeitslose Österreich haben daher dem Arbeitsminister am vergangenen Freitag noch eine Aufklärung über die internationalen Verpflichtungen Österreich zur Einbeziehung von Betroffenenselbstorganisationen sowie die Hauptforderungen von Aktive Arbeitslose Österreich zur Reform der Arbeitslosenversicherung übermittelt.
Hauptforderungen von Aktive Arbeitslose Österreich zur AlVG-Neu
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Anhebung des AMS-Bezugs auf mindestens 70%, für geringe Einkommen auf 80% (siehe auch Volksbegehren „Arbeitslosengeld rauf“). Fortführung des 150-Euro-Coronazuschusses. Angesichts steigender Inflation: Wiedereinführung der Wertsicherung für AMS-Bezüge! Verdreifachung des Familienzuschlags!
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Abschaffung der Existenzbedrohung durch das Sanktionenregime, freie Kurswahl (= einfachste Qualitätssicherung!), Menschenrecht auf freie Wahl einer Existenz sichernden Arbeit wirksam umsetzen! Zumindest Umsetzung der Urteile des Europäische Gerichtshof vom 12.11.2019 (Entscheidung C‑233/183)als auch des Deutsche Bundesverfassungsgericht am 5.11.2019 (Entscheidung 1 BvL 7/164) als auch de
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Mitbestimmung von Betroffenenselbstorganisationen in den Aufsichtsgremien des AMS bzw. Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft als Rechtsdurchsetzungsagentur und Mitbestimmungsplattform für Betroffenenselbstorganisationen mit politischen und wissenschaftlichen Beirat sowie ausreichendem Budget für Förderung von Arbeitslosenselbsthilfeprojekten (siehe Erläuterungen Regierungsentwurf AMSG § 34)
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Möglichkeit für Härtefallregelungen (z.B. wegen versäumter Termine für Abgabe von Antragsformularen, Rückmeldungen Krankenstand usw.) z.B. durch Ausweitung der Kompetenzen der Regionalbeiräte.
Weitere Information:
1 https://www.aktive-arbeitslose.at/news/20131209_uno-kritisiert_oesterreich_wegen_verletzung_sozialer_menschenrechte_ams-bezugssperren_mindestsicherung.html
2 https://www.arbeitslosennetz.org/arbeitslosigkeit/rechtshilfe/gesetzestexte_urteile/ilo_international_labour_organization/ilo_empfehlung_202_empfehlung_betreffend_den_innerstaalichen_sozialen_basisschutz.html
3 https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=220532&doclang=DE
4 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/bvg19-074.html