1. Wer ist/sind in Ihrer Fraktion AnsprechpartnerInnen für Arbeit suchende? Wer von Ih-ren KandidatInnen hat in den vergangenen 3 Jahren selbst Erfahrungen längerer Zeiten der Erwerbsarbeitslosigkeit gesammelt?
Die FSG OÖ hat KandidatInnen aus allen Branchen und Regionen, die sich nicht nur der Anliegen der Beschäftigten, sondern selbstverständlich auch aller Arbeitssuchen-den in ihrer Branche bzw. Region annehmen. Sämtliche FSG-KandidatInnen stehen daher jederzeit als AnsprechpartnerInnen für Erwerbslose zur Verfügung. Da die kon-kreten Erwerbsbiografien der Kandidaten kein Kriterium für die Listenerstellung sind, können wir zum zweiten Teil der Frage keine Angaben machen.
2. Was sind in Ihrem Wahlprogramm die Vorschläge Ihrer Fraktion zur Verringerung der Erwerbsarbeitslosigkeit?
Die Arbeitslosigkeit in Österreich und der EU ist höher als im Krisenjahr 2009. Hier gegenzusteuern hat für Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen höchste Priorität. Die FSG OÖ fordert daher eine ausgewogene Verteilung der Arbeit und eine kürzere Vollzeit sowie eine aktive Beschäftigungspolitik des Staates. Dazu gehören Investitio-nen in den dringend benötigten qualitativen und quantitativen Ausbau bei Bildung, Kinderbetreuung, Pflege und öffentlicher Infrastruktur. Das bringt direkt und indirekt mehr Beschäftigung. Vor allem Eltern und Menschen mit Betreuungspflichten, insbesondere Frauen, wird die Aufnahme oder die Ausweitung einer Erwerbstätigkeit dadurch ermöglicht. Zudem müssen berufliche Weiterbildung sowie Höherqualifizie-rung von Arbeitslosen einen höheren Stellenwert bekommen und stärker als bisher ge-fördert werden.
Die AK OÖ, in der die FSG die Mehrheit hat, fordert ein Konjunkturbelebungspro-gramm der Regierung zur Ankurbelung der Wirtschaft und der Beschäftigung. Dieses Programm und eine noch aktivere Arbeitsmarktpolitik erfordern aber mehr Geld. Dabei haben die beschäftigungsfördernden Investitionen auch eine positive Wirkung auf das Staatsbudget: Ausgaben für Arbeitslosigkeit sinken, Steuern steigen. Zudem ist die Einführung einer Millionärssteuer und der Finanztransaktionssteuer dringend nötig. Das im Regierungsprogramm festgeschriebene Bonus-Malus-System zur Förderung der Beschäftigung Älterer muss rasch umgesetzt werden. Denn bei den Arbeitnehmern/-innen über 50 steigt die Arbeitslosigkeit am stärksten. Aber auch die skandalöse Situation der dramatisch steigenden Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa darf nicht länger einfach so hingenommen werden. Zur Umsetzung der Jugendausbildungsgaran-tie sind für die Eurozone 21 Milliarden Euro nötig – bis jetzt wurden nur sechs Milliarden Euro beschlossen.
3. Das Arbeitsvolumen in Österreich ist immer noch unter jenem von 2007. Teilzeitarbeit – vorwiegend auf Kosten der Frauen – und prekäre Arbeitsverhältnisse sind im Zu-nehmen. Sind Sie für eine Arbeitszeitverkürzung? Auf welches Wochenstundenausmaß?
Arbeit ist in unserer Gesellschaft sehr ungleich verteilt. Hunderttausende sind erfolglos auf Arbeitsuche und viele Teilzeitbeschäftigte können ihre Erwerbsarbeitszeit nicht ausweiten. Zugleich müssen 300 Millionen Über- und Mehrarbeitsstunden im Jahr von einem Fünftel der Beschäftigten erbracht werden. Österreich hat EU-weit die zweitlängste Voll-Arbeitszeit! Daher muss das Ziel eine ausgewogenere Verteilung der Arbeit und eine effektiv kürzere (Voll-)Arbeitszeit ohne Arbeitsverdichtung sein. Wir fordern die korrekte Abgeltung und den Abbau von Über- und Mehrarbeitsstunden durch Einführung einer Abgabe pro geleisteter Über- bzw. Mehrarbeitsstunde in Höhe von einem Euro für die Betriebe, sowie die sechste Urlaubswoche für alle Ar-beitnehmer/-innen durch Anrechnung aller Beschäftigungs- und Karenzzeiten. Und es braucht ein Recht auf Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit. Teilzeit muss gleich viel wert sein wie Vollzeit: Keine Mehrarbeit ohne Zuschlag! Der Mehrarbeitszuschlag muss ab der ersten Stunde gezahlt werden: Entfall des zuschlagsfreien dreimonatigen Durchrechnungszeitraums sowie Entfall des Zeitausgleichs eins zu eins.
4. Was wollen Sie konkret gegen die zunehmende Einschränkung der wirtschafts- und sozialpolitischen Handlungsfähigkeit Österreichs durch die EU wie z.B. Fiskalpakt, ESM usw. unternehmen, die tendenziell in Richtung Abbau des Sozialstaates und Schutz der Gewinninteressen einer kleinen Oberschicht auf Kosten der Allgemeinheit hinaus laufen?
Die zunehmende Einschränkung der Handlungsfähigkeit der Mitgliedsstaaten hat ihre Ursache nicht per se in der EU, sondern in ihrer derzeit dominierenden neoliberalen Ausrichtung. Wir treten daher permanent gegen die Tendenzen zur Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung, zum Abbaus des Sozialstaates und zur Umverteilung nach oben auf, wobei – leider – zu sagen ist, dass diese Tendenzen derzeit in den EU-Institutionen und den meisten Mitgliedsstaaten mehrheitsfähig sind. Es ist eine zentrale Aufgabe auf den unterschiedlichen politischen Ebenen in Österreich und in der EU entsprechend kritische Positionen zu beziehen. Dementsprechend lehnten wir auch die einseitige Ausrichtung des Fiskalpakts ab. Die AK auch die undemokratische Konstruktion des ESM (Studie http://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/eu/europaeischeunion/Demokratie_und_Europarecht_in_der_Krise.html ) und tritt für eine effektive Regulierung der Fi-nanzmärkte ein. Die FSG will einen radikalen Kurzwechsel zugunsten der Interessen der ArbeitnehmerInnen in Europa. Wir treten ein für die Umsetzung eines solidarischen Zukunftsprogramms für Europa (http://media.arbeiterkammer.at/ooe/publikationen/daten_und_fakten/DuF_2012_EU_Zukunftsprogramm.pdf) ein. Insbesondere braucht es eine EU-weite Koordination der Wirtschaftspolitik mit sozialökologischen Zielen, eine koordinierte Konjunktur- und Beschäftigungspolitik und einen Demokratieausbau auf EU-Ebene. Erforderlich ist eine Steuerkoordination mit einem Mindestsatz bei Unternehmensgewinnsteuern in Höhe von 30 Prozent, die rasche Einführung der Finanztransaktionssteuer und eine Abstimmung bei den Vermögenssteuern. Es geht aber auch um konkrete praktische Solidarität mit den ArbeitnehmerInnen in den sogenannten Krisenländern, deren Rechte bzw. soziale Absicherung mit der angeblichen Notwendigkeit einer radikalen Spar- und Kürzungspolitik massiv angegriffen werden.
5. Durch die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe werden Partnerschaften und Familien diskriminiert und in Armut gestürzt. Was wollen Sie tun, damit die Anrechnungsgrenze endlich auf eine sinnvolle Höhe (welche?) angehoben wird?
Die FSG in OÖ fordert bereits seit Jahren einen gänzlichen Entfall der Anrechnung des PartnerInneneinkommens bei der Notstandshilfe. Durch diese Anrechnung verringert sich die Leistungshöhe bei der Notstandshilfe massiv und in vielen Fällen kommt es zum gänzlichen Entfall der Leistung. Davon sind überwiegend Frauen betroffen. Eine Erhöhung des Freibetrags (z.B. ab Juli 2013 bzw. durch die Einführung von min-destsichernden Elementen) wird zwar von uns begrüßt, ist jedoch aus unserer Sicht nicht weitgehend genug. Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass diese - insbesondere Frauen diskriminierende - Regelung vollständig gestrichen wird. Des Weiteren fordern wir eine bessere finanzielle Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit z.B. die Erhö-hung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld auf 75 Prozent etc.
6. Halten Sie Existenz gefährdende und daher menschenrechtswidrige Totalsperre des Bezuges wegen einmaliger/punktueller Verfehlungen für angemessen? Internationale Studien belegen, dass Bezugssperren wesentlich mehr schaden als nutzen und vor allem die Falschen treffen (denen es eh schon schlecht geht). Selbst AMS-Studien bestätigen, dass selbst ausgesuchte Kurse erfolgreicher sind als aufgezwunge-ne. Die UNO hat im November 2013 sowohl die Einschränkung des Menschenrechts auf frei gewählte Arbeit durch Bezugssperren als auch die Umstände der Verhängung von Bezugssperren kritisiert. Was wollen Sie hier ändern?
Bezugssperren – ob teilweise oder zur Gänze, vorübergehend oder dauerhaft – sind kein taugliches Instrument zur Verringerung von Arbeitslosigkeit. Leistungskürzungen sind zwar in vielen Ländern und in zahlreichen Sozialsystemen Teil des Regelwerks bei Verletzungen der „Pflichten“, sie sind aber unserer Ansicht auf ein absolutes Mi-nimum zu beschränken. Allein schon aus Gerechtigkeitsüberlegungen ist es inakzep-tabel, dass Arbeitslosen bei nichtigen Anlässen die Existenzgrundlage entzogen wird, während andererseits systematische Steuerhinterziehung bewusst toleriert wird. Des-halb setzen wir uns für eine Einschränkung bzw. Reduktion der Sperren auf gesetzlicher Basis ein. Und zudem unterstützen wir Betroffene, die sich gegen Bezugssperren zur Wehr setzen und arbeiten auf diese Weise an einer Änderung der Vollzugspraxis. Dies geschieht über die alltägliche Beratung in der Arbeiterkammer und den Gewerkschaften aber auch über die Mitwirkung dieser Institutionen in den Gremien des AMS und seit Jahresbeginn 2014 neu im Bundesverwaltungsgericht.
7. Bei gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten und sozialökonomischen Betrieben werden reguläre Kollektivverträge durch eine niedrige Pauschalentlohnung umgangen, die keine Anrechnung von Vordienstzeiten und Ausbildungen vorsieht sowie keine Gehaltsvorrückungen bei wiederholter Zuweisung bietet.
Hier ist zunächst anzumerken, dass sich die Aufgabe, Funktion und Stellenwert der Beschäftigungsprojekte in den letzten 15 bis 20 Jahren gravierend verändert hat. Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich hingegen nur wenig verändert. Auch wir sind der Meinung, dass gemeinnützige Beschäftigungsprojekte und sozialökonomische Betriebe eine wichtige arbeitsmarktpolitische Funktion erfüllen und wir angesichts der hohen, anhaltenden Arbeitslosigkeit einen Ausbau der Angebote im Bereich des 2. Arbeitsmarktes brauchen. Die wiederholte Beschäftigung von „Transitarbeitskräften“ in sozialökonomischen Betrieben, die Verlängerung der Verweildauer in den Beschäf-tigungsprojekten (zum Teil mehrere Jahre bis zum Pensionsantritt) erfordern neue rechtliche Rahmenbedingungen, die eine Aushöhlung von Kollektivverträgen verhindern. Gerade wenn die Beschäftigungsprojekte auf einen Übertritt in eine Beschäftigung auf dem „1. Arbeitsmarkt“ vorbereiten sollen, müssen in den Projekten auch die arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen gelten. Das heißt beispielweise, dass die FSG-Forderung nach einem Mindestlohn von 1.500 Euro (brutto monatlich bei Vollzeit) auch für jene Arbeitnehmer/-innen gilt, die als Transitarbeitskräfte am 2. Arbeitsmarkt beschäftigt werden. Eine Benachteiligung der in GBPs bzw. SÖBs beschäftigten Personen gegenüber jenen, die am regulären Arbeitsmarkt be-schäftigt sind, ist für uns inakzeptabel. Das gilt auch für Fragen wie Einstufung und Anerkennung von Qualifikationen.
8. Besonders problematisch halten wir die „gemeinnützigen Personalüberlasser“, die grundlegendes Arbeitsrecht verletzen, indem sie in der überlassungsfreien Zeit statt nach § 1155 ABGB den Lohn der Überlassung einen sittenwidrigen Pauschallohn (siehe vorherigen Punkt) zahlen. Viele Menschen werden gar nicht in einen regulären Arbeit überlassen. Die AK ist via bfi jobtransfer und anderer AMS-Zuarbeiter an der Umgehung des Arbeitsrechts direkt beteiligt. Wie stehen Sie dazu? Was wollen Sie tun?
Die FSG steht einem – großflächigen – Einsatz der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung als arbeitsmarktpolitisches Instrument seit jeher skeptisch gegenüber. Nicht zuletzt aufgrund unserer Kritik und Bedenken spielt die gemeinnützige Arbeitskräfte-überlassung in OÖ derzeit nur eine geringe Rolle (das Wiener Projekt bfi jobtransfer ist aus Oberösterreich ohne Detailinformationen nicht zu kommentieren). Auf Initia-tive der FSG hat die Arbeiterkammer bei Prof. Pfeil ein Gutachten dazu in Auftrag gegeben. Demnach sind alle einschlägigen Vorschriften grundsätzlich auch auf die Transitarbeitskräfte in der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung anzuwenden. Ei-ne Verletzung des Arbeitsrechts muss hier – wie in allen anderen Fällen – geahndet werden. Dabei unterstützt der AK Rechtsschutz. Abzulehnen ist eine Beschäftigung „auf Vorrat“ ohne einen konkreten Einsatz in einem Beschäftigerbetrieb bzw. mit ei-nem langen Abstand zwischen Steh- und konkreter Einsatzzeit. Um dieser Problema-tik entgegen zu wirken und einen Missbrauch der Überlasser vorzubeugen, scheint es sinnvoll, diese Stehzeiten auszuschließen, indem die Transitverträge erst mit Beginn eines konkreten Einsatzes in einem Betrieb zustande kommen.
Ein erster Erfolg dieses Gutachtens und der Diskussion in den AMS-Gremien ist die in Angriff genommene Überarbeitung der AMS-Richtlinie für das gemeinnützige Perso-nalleasing. Mit Hartnäckigkeit werden wir darauf achten, dass die neue Richtlinie ar-beitsrechtlich „sauber“ und korrekt ist und das Instrument der gemeinnützigen Ar-beitskräfteüberlassung auf jene Fälle beschränkt bleibt, wo es tatsächlich passend und geeignet ist.
9. Ab 1.1.2014 wurde die befristete Invaliditätspension abgeschafft. Schätzungen der AK Wien zufolge werden 40.000 Invalide sich beim AMS als „arbeitsfähig“ erklären müs-sen, obwohl sie es oft nicht sind. Statt eines Rechts auf frei gewählte Rehabilitation gibt es eine Zwangs-Rehabilitation oder der Bezug wird gesperrt. Dies ist eine Verletzung von Artikel 26 UN Behindertenkonvention! Wer die Ablehnung eines Antrags auf Invaliditätspension bekämpft, erhält keinen Pensionsvorschuss mehr und muss trotz unabgeschlossenen Verfahrens sich als „arbeitsfähig“ erklären. Der permanente Druck durch das AMS wird viele Menschen nur noch kranker machen. Wie stehen Sie zu diesen Menschenrechtsverletzungen? Was wollen Sie hier ändern?
Die FSG in OÖ fordert, dass die alte Regelung des Pensionsvorschusses (u.a. Leis-tungsgewährung bei einer Klage für die gesamte Verfahrensdauer) wieder einzuführen ist. Die von Ihnen aufgegriffene Problematik stellt für uns ebenfalls eine große Prob-lemlage dar. Im Hinblick auf die Neuerungen im Bereich „Reha neu“ besteht für Men-schen, die ab 1.1.2014 unter 50 Jahren und vorübergehend invalide sind (die Regelun-gen für die unbefristeten I-Pensionen bleiben bestehen), ein Rechtsanspruch auf beruf-liche Reha (jedoch nur für jene mit Berufsschutz) bzw. auf medizinische Reha. Wich-tig ist, dass die Reha-Maßnahmen tatsächlich dazu führen, dass die Menschen wieder gesund bzw. gesünder sind und dass sich durch die berufliche Reha ihre Position am Arbeitsmarkt wieder verbessert. Zentral ist aber, dass ältere Menschen bzw. Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch eine Arbeit haben, von der sie leben können. Ein effektives Bonus-Malus-System, das jene Betriebe sanktioniert, die älteren Arbeitnehmer/-innen keine Chance geben, ist aus unserer Sicht so rasch als möglich zu implementieren.
10. Arbeiterkammer und Gewerkschaften sind z.B. via bfi, bfi jobtransfer, BBRZ/FAB an AMS-Zwangsmaßnahmen beteiligt und so an der Entrechtung der Arbeit suchenden ArbeitnehmerInnen beteiligt. Diese Einrichtungen werden auch nicht dazu genutzt, die Lohnarbeitslosen über deren Rechte zu informieren. Das Ansehen von AK und Gewerkschaften wird dadurch massiv beschädigt. Halten Sie das mit den Aufgaben der AK vereinbar? Was wollen Sie hier ändern?
Die Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen sehen Schulungs- und Weiterbil-dungsmaßnahmen nicht grundsätzlich negativ. Ganz im Gegenteil, Weiterbildung ist oft sehr nützlich bei der Jobsuche. Negativ ist aber, wenn die Weiterbildung oder Schulung nicht den Bedürfnissen des/der Arbeitslosen entspricht oder mit einer Schu-lung quasi gedroht wird. Die AK OÖ hat aufgrund zahlreicher Kontakte mit Arbeitslo-sen mittels Beschwerden beim VwGH erreicht, dass eine Begründung verpflichtend ist. Grundsätzlich glaubt die FSG, dass mit einem Freiwilligkeitsprinzip deutlich mehr erreicht werden kann. Wir fordern, dass Wünsche und Vorschläge der Arbeitssuchen-den besser berücksichtigt werden müssen. Die Begründungspflicht ist ein erster Schritt, aber sicher noch nicht ausreichend.
Wir fordern auch mehr Mittel für das AMS. Nur wenn ein ausreichendes Budget sowie Beratungs- und Gesprächszeit zur Verfügung stehen, können auch die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitssuchenden besprochen und umgesetzt werden. Schulungen und Weiterbildungen müssen so dotiert sein, dass eine gute Qualität garantiert werden kann. Ein Billigstbieterprinzip lehnen wir ab, weil es Qualität kostet. Das bfi/BBRZ hat anhand einiger sehr gut funktionierender Projekte (Jugendauffangnetz, Chance P,…) gezeigt, dass sich gute Qualität rentiert und für Arbeitslose sehr hilfreich sein kann. AK und Gewerkschaften werden weiterhin für eine ausreichende Dotierung guter Projekte und Weiterbildungen und um mehr Ressourcen für das AMS kämpfen, um eine differenzierte und bedürfnisorientierte Schulungs- und Weiterbildungsplanung zu ermöglichen und eine rigide Zuweisungspraxis zu verhindern.
11. AK-Mitglieder melden immer wieder, dass die Rechtsberatung der AK unzureichend sei oder dass die fehlerhaft Auskunft über AMS-Zwangsmaßnahmen gibt. Rechtshil-feinformationen für Arbeitslose gibt es Känrnten ja im Gegensatz zu Wien, NÖ und OÖ ja überhaupt keine. Insbesondere über die Mindestsicherung gibt es wenig Informationen und oft keine Beratung. Hilfe bei Rechtsverfahren wird selten gewährt. Wie wollen Sie hier die Rechtsinformation und Rechtsdurchsetzung verbessern? Wer-den Sie eine Rechtsinformation unter Einbeziehung der Arbeitsloseninitiativen erstellen?
Die AK-RechtberaterInnen sind auch bei Fragen, die das AMS betreffen, äußerst kompetent und bereit, detailliert Auskunft zu geben, so dass die AK OÖ fehlerhafte Auskünfte ausschließt. Selbstverständlich erhalten die Ratsuchenden auch umfassende Informationen zur Bedarfsorientieren Mindestsicherung (BMS), ebenso wie zum Arbeitslosengeld oder zur Notstandshilfe. Infos dazu findet man auch auf der Homepage der AK OÖ und in einer eigenen Broschüre, die man über die Homepage, aber auch telefonisch bestellen kann. Rechtsvertretung in Rechtsmittelverfahren wegen eines ne-gativen BMS-Bescheides kann die Arbeiterkammer nicht anbieten, weil dies keine Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht oder dem Bundesverwaltungsgericht sind und daher nicht vom Rechtschutz-Regulativ der Arbeiterkammern umfasst sind. Die AK berät aber Betroffene kostenlos und hilft bei Bedarf auch beim Verfassen von Rechtsmitteln.
12. Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen als langfristiges Ziel, das die Menschen vor den Schikanen eines auf strukturelle Gewalt aufbauenden „Sozialstaates“ (permanente Androhung Existenz gefährdender Bezugssperren) schützt und die freie Wahl von Arbeit erst ermöglicht und so die Position der ArbeitnehmerInnen stärken würde?
Mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) wird die Lösung wichtiger Probleme erhofft: Prekarisierung, Löcher im Sozialsystem, Armut, Arbeits-losigkeit etc. Wir denken aber, dass das BGE die falschen Antworten gibt und von wichtigen Herausforderungen ablenkt. Die Überwindung der Schieflage in der Verteilung, die sich von der sinkenden Lohnquote, über Einkommensspreizung (Managergagen, Niedriglöhne) bis hin zu nicht armutsfesten Sozialsystemen spannt, braucht v.a. eine ausgewogenere Verteilung der Erwerbsarbeit (kürzere Vollzeit), flächendeckende Mindestlöhne - für Österreich fordern wir 1500 Euro in jedem Kollektivvertrag - und den Erhalt bzw. Ausbau eines menschenwürdigen, armutsfesten Sozialsystems. Ein BGE könnte letztlich als Kombilohn für alle wirken: weil das Existenzminimum seiner Bezieher/innen gesichert wäre, könnten diese noch schlechter entlohnte Jobs annehmen, wodurch den Unternehmen mehr preiswerte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden und die Gewinne noch stärker steigen würden. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als politisches Ziel verlöre noch mehr an Bedeutung. Was es braucht, sind soziale Garantien, die sich an den menschlichen Bedürfnissen orientieren.
13. AK und Gewerkschaften entsenden VertreterInnen in die AMS-Gremien sowie in die Verwaltungsgerichte, die über Berufungen gegen AMS-Bescheide entscheiden, ohne dass die Betroffenen darüber informiert sind und deren Erfahrungen und Anliegen berücksichtigt werden. Die UNO verlangt in Ihren Empfehlung von November 2013 einen regelmäßigen und offenen Dialog mit den Arbeitslosen.
Ab 1.1.2014 entscheidet nicht mehr die Landesgeschäftsstelle des AMS bei Berufun-gen gegen Bescheide der RGS, sondern die Richter/-innen des Bundesverwaltungsge-richts im Rahmen von Senaten. In diesen Senaten sind auch Laienrichter/-innen der AN/AG-Interessensvertretungen vertreten. Generell entscheiden diese richterlichen Senate mit Stimmenmehrheit. Die Berufs-, aber auch die Laienrichter/-innen sind im Rahmen ihrer Funktion u.a. weisungsungebunden und unterliegen der Amtsver-schwiegenheit. Die AK unterstützt Arbeitslose durch Rechtsberatung und im Bedarfs-fall auch durch die Gewährung von Rechtschutz. Ebenso setzt sie sich für die Interes-sen der arbeitslosen Menschen u.a. in den AMS Gremien (z.B. Regionalbeirat, Lan-desdirektorium) und darüber hinaus aktiv ein. Die AK OÖ ist auch im Armutsnetz-werk OÖ vertreten und kooperiert mit dem Verein AhA (Arbeitslose helfen Arbeitslo-sen). Die AK OÖ hat zudem bereits zweimal explizit Arbeitslose um ihre Erfahrun-gen, Anregungen und Vorschläge zu bestimmten Themen befragt und diese Ergebnisse in den politischen Prozess eingebracht (zuletzt beim Thema Altersarbeitslosigkeit/ Beschäftigungschancen für Ältere/Bonus-Malus-Modell). Auch bei den Befragungen zum Arbeitsklimaindex werden die Anliegen der Arbeitslosen erhoben und berücksichtigt.
Was wollen Sie tun, dass Lohnarbeitslose eine transparente Vertretung mit entsprechenden Mitspracherechten innerhalb der AK haben? Wie stehen Sie zur Idee einer eigenen „Sozial- und Arbeitslosenanwaltschaft“, die von AK und Gewerkschaften gemeinsam mitgetragen werden könnte?
Die Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen stehen natürlich auch Lohnarbeitslo-sen bzw. Arbeitnehmer/-innen während Phasen der Arbeitslosigkeit zur Mitarbeit offen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen, finanzielle Existenzsicherung – speziell bei Arbeitslosigkeit – werden auch in der kommen-den Funktionsperiode zu den Schwerpunktthemen unserer Arbeit gehören. Über die Kammerräte, die schon erwähnten Befragungen, die Vielzahl an Beratungen im Rechtsschutz, Veranstaltungen zum Thema, Kooperationen mit arbeitsloseninitiativen usw. fließen die Anliegen der Lohnarbeitslosen in die Gremien der AK und in deren interessenspolitische Arbeit ein.
Die Idee einer eigenen Arbeitslosenanwaltschaft ist in OÖ nicht neu. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass betroffene Arbeitslose mit den bestehenden Anlaufstellen zufrieden sind. Zu einem erheblichen Teil wenden sich die Betroffenen mit ihren Anliegen an die AK oder die Gewerkschaften und erhalten Beratung und Unterstützung. Dieses Angebot für unsere Mitglieder werden wir sicherlich nicht aufgeben, sodass es für eine eigene Arbeitslosenanwaltschaft schwierig sein wird, ein klares, eigenständiges Profil zu entwickeln und ein attraktives Serviceangebot zu entwickeln. Die Kooperationen mit bestehenden Arbeitsloseninitiativen zeigen, dass es andere, erfolgreiche „Rollen- bzw. Aufgabenverteilungen“ geben kann.
14. Sind Sie dafür, dass auch Arbeitslose Menschen wieder volles Wahlrecht haben, ohne sich extra für das aktive Wahlrecht in die WählerInnenliste hinein zu reklamieren? Sollen Erwerbsarbeitslose ArbeitnehmerInnen auch gewählt werden können?
Das System der Registrierung hat sich gut bewährt und sichert allen, die an der Wahl teilnehmen wollen, das Wahlrecht. Selbstverständlich sind wir dafür, dass Erwerbslose auch das passive Wahlrecht haben. Dieses Recht ist auch gesetzlich garantiert.
15. Welche Form von finanzieller, organisatorischer, politischer Unterstützung wollen Sie Erwerbsarbeitsloseninitiativen anbieten?
Die Selbstorganisation erwerbsloser Personen ist sinnvoll und wichtig. Die FSG OÖ befürwortet, dass die Arbeiterkammer mit entsprechenden Initiativen zusammenarbeitet. Die Frage nach finanziellen, organisatorischen, und politischen Unterstützungen kann aber nur im konkreten Einzelfall entschieden werden, weil diese Initiativen meist eingeschränkte Zielgruppen erreichen und daher nicht für „die Arbeitslosen“ in ihrer Gesamtheit entsprechen können. Es wird daher notwendig sein, sich vorher auf gemeinsame Anliegen und Projekte zu verständigen.
Eine Fortführung bzw. Intensivierung der Kooperation mit den bestehenden Gruppen und Initiativen ist für uns die Basis. Anlassbezogen bietet sich natürlich auch eine projektbezogene Zusammenarbeit (bei Veranstaltungen, Befragungsaktionen, Kampagnen,..) an. Selbstverständlich stehen den Erwerbsarbeitsloseninitiativen bzw. den einzelnen Ratsuchenden die Experten/-innen der Arbeiterkammer mit ihrem Know how für Beratungen und Auskünfte zur Verfügung.
16. Österreich hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte zwar vor langer Zeit ratifiziert, aber weder in Verfassungsrang gehoben noch das Zusatzprotokoll über Einzelbeschwerden unterschrieben. Wollen Sie das ändern? Wenn ja, wie?
Die österreichische Bundesverfassung kennt derzeit leider keine sozialen Grundrechte. Zu den Grundprinzipien unseres Staates gehört unserer Ansicht nach neben den klassi-schen bürgerlichen Grundrechten auch die Absicherung der wirtschaftlichen und sozialen Existenz durch Arbeitsrecht und Sozialstaat. Obwohl Österreich zwar einige einschlägige völkerrechtliche Verträge ratifiziert hat, die soziale Grundrechte enthalten (so z.B. der Pakt über wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte), wurde davon bislang keiner ins Bundesverfassungsrecht transformiert. Bereits im Zuge der Beratungen zum Verfassungskonvent bezog die Arbeiterkammer dazu Stellung und sprach sich klar für eine Aufnahme sozialer Grundrechte in die Bundesverfassung aus. Leider konnte im Konvent kein Konsens gefunden werden. Wir werden jedenfalls weiterhin dafür eintreten, dass soziale Grundrechte Eingang in die Bundesverfassung finden. Dazu bräuchte es aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die aufgrund stark divergierender Ansichten der politischen Entscheidungsträger in absehbarer Zeit leider nicht zu erwarten ist. Der Kampf um die faktische Umsetzung insbesondere der in der Menschenrechtsdeklaration enthalten „sozialen“ Menschenrechte auf Arbeit, auf ge-rechte und befriedigende Arbeitsbedingungen und auf gerechte und befriedigende Entlohnung sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit gehört zu den ureigenen Aufgaben von Arbeiterkammer, Gewerkschaft und BetriebsrätInnen. Als FSG werden wir weiterhin massiv dafür eintreten.
17. Allgemein erfahren die AK-Mitglieder wenig bis gar nichts über die politische Arbeit der AK. Minderheitenfraktionen werden nie sichtbar, Beschlüsse der AK-Gremien sind im Internet nicht abrufbar. Ebenso erfahren die Mitglieder nichts darüber, was VertreterInnen der AK in diversen Gremien tun (AMS, Krankenkassen, Pensionsversicherung, Ministerien, …). Mitbestimmungsmöglichkeiten durch die Mitglieder zwi-schen den Wahlen gibt es überhaupt keine. Wie soll eine transparente und demokratische AK ausschauen? Was wollen Sie dafür tun?
Die AK OÖ ist demokratisch und transparent. Sie informiert ihre Mitglieder permanent in eigenen Medien und Zusendungen sowie Einschaltungen in anderen Medien, in Presseaussendungen und Pressekonferenzen über ihre politische Arbeit und ihre Dienstleistungen. Die Öffentlichkeitsarbeit aller AK-Fraktionen wird von diesen selbst betrieben und ist nicht Aufgabe der AK. Bei zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen und Aktionen sowie haben die Mitglieder die Möglichkeit, ihre Anliegen einzubringen und den Meinungsbildungsprozess in ihrer Arbeiterkammer mitzugestalten. In repräsentativen Befragungen zu verschiedenen sie betreffenden Themen erhebt die AK die Meinungen und Anliegen in ihrer Mitglieder und lässt die Ergebnisse in ihrer Politik einfließen. Sämtliche Beschlüsse der AK-Versammlung werden noch am Tag des Beschlusses sowohl den Medien übermittelt als auch auf der AK-Homepage veröffentlicht.
18. Sind Sie dafür, dass die AK eine Abteilung für Menschenrechte einrichtet, um z.B. auch bei Gesetzesbegutachtungen vermehrt die Menschenrechte Aspekte einzufordern!
Der Schutz der Menschenrechte ist aus unserer Sicht von eminenter Bedeutung. Die FSG OÖ möchte auch weiterhin garantieren, dass die Arbeiterkammer OÖ die Interessen ihrer Mitglieder - auf Grundlage eines klar definierten gesetzlichen Auftrages – ohne Abstriche vertritt. Gemäß § 1 AKG sind die Arbeiterkammern und die Bundes-arbeitskammer berufen, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen In-teressen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten und zu fördern. Aus dem gesetzlichen Auftrag ergeben sich etliche Berührungspunkte mit Menschenrechten. Stellvertretend für viele seien das Benachteiligungsverbot, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit etc. genannt. Diese Menschenrechte finden sich in vielen von der Arbeiterkammer OÖ zu begutachtenden Gesetzen wieder bzw. werden wir damit in der individuellen Beratung und Vertretung unserer Mitglieder konfrontiert. In unserer Arbeit legen wir größten Wert auf die Einhaltung von Menschenrechten und treten kontinuierlich insbesondere für die Umsetzung der sogenannt sozialen Men-schenrechte ein (siehe Frage 16). Eine spezielle Abteilung für Menschenrechte erscheint jedoch aus unserer Sicht wegen der Vielfalt an Spezialthemen - jedes für sich steht im Konnex mit Menschenrechten, nicht zielführend. Aufgrund des steigenden Arbeitsdrucks, der die Menschen bis zur Erschöpfung belastet, gibt es seit Kurzem ei-ne neue Stabstelle „Arbeitsbedingungen“ in der AK OÖ, wo menschenwürdige Arbeit ein wichtiges Thema ist. An dieser Stelle möchten wir auf die von der AK OÖ mit ini-tiierte Petition "Gute Arbeit ist Menschenrecht" (http://www.gute-arbeit.at) hinweisen.