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Caritas Werkstatt Steiermark: Antwort Volksanwalt Günther Kräuter (durch Mag. Heimo Tröster) auf eine Beschwerde wegen sittenwidriger Pauschalentlohnung

Aktiver Admin am Mi., 18.03.2015 - 14:26
Angaben zum Brief
Brief abgesendet
Antwort

Sachbearbeiter: MR Mag. Heimo Tröster
Geschäftszahl: VA-BD-SV/0316-A/1/2015
Datum: 18. März 2015

Sehr geehrte Frau S.!

Ich beziehe mich auf Ihre Eingabe vom 5. März 2015. Sie ersuchen darin um Überprüfung der Vorgangsweise des AMS Steiermark sowie der Caritas Graz im Zusammenhang mit Ihrer Zubuchung zum Beschäftigungsprojekt „Caritas Werkstart Graz“. Es geht Ihnen, wenn ich Sie recht verstehe, um die Frage der Entlohnung.

Ich habe Ihre Unterlagen sowie die maßgebliche Rechtslage sorgfältig geprüft und kann Ihnen Folgendes mitteilen:

Auszugehen ist zunächst einmal davon, dass ein Dienstverhältnis als Transitmitarbeiter bzw. Transitmitarbeiterin im Rahmen eines sogenannten sozialökonomischen Betriebes oder eines gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes gemäß § 9 Abs. 7 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (ALVG) als zumutbar gilt, sofern eine zumindest kollektivvertragliche Entlohnung geboten wird und die konkrete Tätigkeit auch unter Berücksichtigung allfälliger gesundheitlicher Einschränkungen des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin ausgeübt werden kann.

Dass in Ihrem Fall gesundheitliche Einschränkungen einer Beschäftigung beim Projekt „Caritas Werkstart Graz“ entgegengestanden wären, haben Sie, soweit ich sehe, nicht vorgebracht.

Ihnen geht es um die Frage der Entlohnung. In diesem Zusammenhang ist der Kollektivvertrag für Arbeitnehmer und Lehrlinge caritativer Einrichtungen der katholischen Kirche in Österreich in der Fassung vom 1.1.2015 maßgeblich.

Der Kollektivvertrag wurde zwischen dem Verein Interessenvertretung der caritativen Einrichtungen der katholischen Kirche in Österreich einerseits und der Gewerkschaft der Privatangestellten an2 dererseits abgeschlossen. Dieser Kollektivvertrag sieht im Kapitel E.7. eine gesonderte Regelung für die Entlohnung von Transitmitarbeitern und Transitmitarbeiterinnen vor. Demnach beträgt das monatliche Entgelt für diese Beschäftigungsgruppe 87% der Verwendungsgruppe IX, Stufe 1 (das sind ab 1.1.2015 EUR 1.312,20). Sofern Transitmitarbeiter bzw. Transitmitarbeiterinnen überwiegend mit der selbstständigen Verrichtung besonderer Aufgaben betraut werden oder die Beschäftigung überwiegend unter erschwerten Arbeitsbedingungen erfolgt, beträgt das monatliche Entgelt 90% der Verwendungsgruppe XI, Stufe 1 (das sind ab 1.1.2015 EUR 1.357,50).

Nach dem Kenntnisstand der Volksanwaltschaft wurde von den Kollektivvertragsparteien diese vergleichsweise niedrige Einstufung damit gerechtfertigt, dass es sich bei Transitarbeitsverhältnissen um betreute Arbeitsverhältnisse handelt und in diesem Zusammenhang auch in den jeweiligen Arbeitsverträgen eine bestimmte Anzahl an sozialpädagogischen Betreuungsstunden (in Ihrem Fall 12 Stunden) vorgesehen wird.

Auf die Vereinbarung kollektivvertraglicher Mindestlöhne hat weder das AMS noch die Volksanwaltschaft Einfluss. Es ist in Österreich das anerkannte Recht aller kollektivvertragsfähigen Körperschaften, die jeweiligen Löhne frei auszuhandeln. Demnach gilt in der österreichischen Rechtsordnung auch nicht der Grundsatz, dass für gleiche Arbeit gleicher Lohn gezahlt werden muss. Es hängt vielmehr von der jeweiligen Branche ab, welche kollektivvertraglichen Mindestlöhne gelten. So gibt es etwa für Dienstverhältnisse in der Gastronomie, je nach Bundesland, unterschiedliche kollektivvertragliche Mindesteinstufungen. Das Gehalt eines Oberkellners in Vorarlberg muss nicht jenem eines Oberkellners in Wien entsprechen. Auch gibt es beispielsweise Unterschiede zwischen Kollektivverträgen für die Industrie oder für das Gewerbe. So verdient etwa ein Elektriker in der Industrie laut Kollektivvertrag mehr, als ein Elektriker in einem Gewerbebetrieb.

Im Ergebnis heißt das, dass die Vorgangsweise des AMS bzw. auch die gehaltsmäßige Einstufung als Transitarbeitskraft – unter rechtlichen Gesichtspunkten – nicht beanstandet werden kann.

Rein menschlich gesehen, verstehe ich natürlich Ihre Verbitterung, über das angebotene niedrige Gehalt; insbesondere, wenn man bedenkt, dass Sie bereits viele lange Jahre berufstätig waren und zuletzt wesentlich höhere Einkommen erzielt haben.

Es tut mir aufrichtig leid, sehr geehrte Frau Siebenaller, dass ich Ihnen keine erfreulichere Mitteilung machen kann. Sollten Sie noch ergänzende Fragen haben oder sich in der Folge noch Probleme mit dem AMS ergeben können Sie sich gerne wieder an die Volksanwaltschaft wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Volksanwalt
Dr. Günther Kräuter e.h.

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