1. Wer ist/sind in Ihrer Fraktion AnsprechpartnerInnen für Arbeit suchende? Wer von Ihren KandidatInnen hat in den vergangenen 3 Jahren selbst Erfahrungen längerer Zeiten der Erwerbsarbeitslosigkeit gesammelt?
Ansprechpartnerin für politische Fragen und Positionierungen ist Spitzenkandidatin u. Arbeiterkammerrätin Klaudia Paiha, allfällige rechtliche Anfragen bitte an das AUGE/UG-Büro augeug-oegb.atrel="noreferrer" richten, wo dann versucht wird, den/die richtige Expertin zu finden.
Zwei unserer KandidatInnen sind derzeit erwerbsarbeitslos, zumindest zwei weiter waren in den vergangenen 3 Jahren über längere Zeit selbst erwerbslos, eine Kandidatin ist Mitglied des Vereins „Aktive Arbeitslose". Ob weitere unseren 150 Wiener KandidatInnen in der jüngeren Vergangenheit erwerbsarbeitslos waren, kann ich nicht beantworten.
2. Was sind in Ihrem Wahlprogramm die Vorschläge Ihrer Fraktion zur Verringerung der Erwerbsarbeitslosigkeit?
- Drastische Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Std/Woche
- berufliche 'Auszeiten' für verschiedene Zwecke
- Investition in Zukunftsbereiche Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur, Umwelt bei gleichzeitiger Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Einkommen.
- Umverteilung von Arbeit, Zeit + Geld
- Gesetzlicher Mindestlohn von zumindest € 8,80 brutto pro Stunde (führt zu ca. einer Mia. zusätzlichem Konsum und folglich neuen Jobs)
- Demokratisierung des Arbeitsrechts – Beendigung der hire-and-fire-Willkür
- Zurückdrängung von Leiharbeit durch Übernahmeverpflichtung
- Vertreuerung der Überstunden für Unternehmen
- Verbot von All-in-Verträgen
3. Das Arbeitsvolumen in Österreich ist immer noch unter jenem von 2007. Teilzeitarbeit – vorwiegend auf Kosten der Frauen – und prekäre Arbeitsverhältnisse sind im zunehmen. Sind Sie für eine Arbeitszeitverkürzung? Auf welches Wochenstundenausmaß?
Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Std/Woche, 6 Wochen Urlaub, berufliche 'Auszeiten'
4. Was wollen Sie konkret gegen die zunehmende Einschränkung der wirtschafts- und sozialpolitischen Handlungsfähigkeit Österreichs durch die EU wie z.B. Fiskalpakt, ESM usw. unternehmen, die tendenziell in Richtung Abbau des Sozialstaates und Schutz der Gewinninteressen einer kleinen Oberschicht auf Kosten der Allgemeinheit hinaus laufen?
Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger, die die Beschlussfassung dazu in Österreich und in Brüssel vornehmen durch Information, Aufklärung, politisches Lobbying, Protestmassnahmen, Herbeiführung entsprechender Positionierungen der ArbeitnehmerInnenvertretungen in Österreich. Die AUGE/UG ist u.a. beteiligt an der Plattform "Europa geht anders", die die EU-Austeritätspolitik scharf kritisiert und an der Verhinderung des Wettbewerbpaktes arbeitet, AUGE/UG-Bundessprecherin Klaudia Paiha und UG-Vorsitzender Markus Koza gehören zu den ErstunterzeichnerInnen.
Im Vorfeld der Beschlussfassung zum Fiskalpakt im österreichischen Nationalrat haben sich AUGE/UG und UG bemüht, in den Gremien der ArbeitnehmerInnenvertretung Beschlusslagen gegen den Fiskalpakt herzustellen und die GewerkschaftsrepräsentantInnen mit Nationalratsmandat (gibt's bei Rot und Schwarz) an diesen Beschluss zu binden. Letzteres ist nicht gelungen.
5. Durch die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe werden Partnerschaften und Familien diskriminiert und in Armut gestürzt. Was wollen Sie tun, damit die Anrechnungsgrenze endlich auf eine sinnvolle Höhe (welche?) angehoben wird?
Anrechnung des PartnerInneneinkommens in der Notstandshilfe muss abgeschafft werden: NH ist eine Versicherungsleistung, die individuell erworben wurde, daher ist muss der Anspruch auch individuell bestehen – unabhängig vom Haushaltseinkommen! AK und ÖGB haben im sozialpartnerschaftlich geprägten Österreich eine starke Stimme, die AUGE/UG sorgt innerhalb v. ÖGB und AK (und auch gegenüber der Öffentlichkeit) ua durch wiederholte Anträge dafür, dass Abschaffung der Anrechung d PartnerInneneinkommens auf der Agenda bleibt. Wenn wir bei den AK-Wahlen entsprechend gestärkt werden, können wir für grösseren Nachdruck u Vehemenz durch AK sorgen
6. Halten Sie Existenz gefährdende und daher menschenrechtswidrige Totalsperre des Bezuges wegen einmaliger/punktueller Verfehlungen für angemessen?
Internationale Studien belegen, dass Bezugssperren wesentlich mehr schaden als nutzen und vor allem die Falschen treffen (denen es eh schon schlecht geht). Selbst AMS-Studien bestätigen, dass selbst ausgesuchte Kurse erfolgreicher sind als aufgezwungene. Die UNO hat im November 2013 sowohl die Einschränkung des Menschenrechts auf frei gewählte Arbeit durch Bezugssperren als auch die Umstände der Verhängung von Bezugssperren kritisiert.
Was wollen Sie hier ändern?
Das Arbeitslosenversicherungsrecht hat in wesentlichen Punkten auf rechtsstaatliche Mindestniveaus angehoben zu werden. Die Totalsperre hat als Sanktionsmittel zu entfallen. Die AUGE/UG fordert die Abschaffung der Strafparagrafen 10 u. 11 AlVG und eine Überarbeitung des unklaren und teilweise unsachlichen Paragraf 9 AlVG, der auch nach bestehender Rechtslage oft zu sachlich völlig ungerechtfertigten Sperren führt. Internationale Studien belegen, dass die Sanktion der Leistungsverweigerung in der Existenzsicherung keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten von Menschen am Arbeitsmarkt hat und haben kann, da Sanktionen nachträglich eintreten, ohne dass dem/der Betroffenen seine/ihre Situation bewusst ist. Die Einstellung der Leistung hat als einzige Folge die Verstärkung der sozialen Ausgrenzung der Betroffenen und Ihres sozialen Umfelds. Da dies nicht Ziel staatlichen Handelns sein kann, ist § 10 AlVG zu streichen
Ebenso hat das paternalistische Fördermodell rechtsstaatlich einwandfreien Kriterien unterworfen zu werden. Im Übrigen treten wir für einen Rechtsanspruch auf Bildung und Qualifikation ein.
7. Bei gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten und sozialökonomischen Betrieben werden reguläre Kollektivverträge durch eine niedrige Pauschalentlohnung umgangen, die keine Anrechnung von Vordienstzeiten und Ausbildungen vorsieht sowie keine Gehaltsvorrückungen bei wiederholter Zuweisung bietet.
Kollektivverträge haben zu gelten. Darüber hinaus gehört insbes. der Sozialbereich finanziell so ausgestattet, dass alle dort Beschäftigten eine faire Entlohnung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen haben können.
8. Besonders problematisch halten wir die „gemeinnützigen Personalüberlasser“, die grundlegendes Arbeitsrecht verletzen, indem sie in der überlassungsfreien Zeit statt nach § 1155 ABGB den Lohn der Überlassung einen sittenwidrigen Pauschallohn (siehe vorherigen Punkt) zahlen. Viele Menschen werden gar nicht in einen regulären Arbeit überlassen. Die AK ist via bfi jobtransfer und anderer AMS-Zuarbeiter an der Umgehung des Arbeitsrechts direkt beteiligt. Wie stehen Sie dazu? Was wollen Sie tun?
Die Scheinbeschäftigung bei sogenannten gemeinnützigen Überlassern muss eingestellt werden. Beschäftigung hat auf Basis klarer Regelungen zu erfolgen. Der Kollektivvertrag hat zu gelten.
9. Ab 1.1.2014 wurde die befristete Invaliditätspension abgeschafft. Schätzungen der AK Wien zufolge werden 40.000 Invalide sich beim AMS als „arbeitsfähig“ erklären müssen, obwohl sie es oft nicht sind. Statt eines Rechts auf frei gewählte Rehabilitation gibt es eine Zwangs-Rehabilitation oder der Bezug wird gesperrt. Dies ist eine Verletzung von Artikel 26 UN Behindertenkonvention! Wer die Ablehnung eines Antrags auf Invaliditätspension bekämpft, erhält keinen Pensionsvorschuss mehr und muss trotz unabgeschlossenen Verfahrens sich als „arbeitsfähig“ erklären. Der permanente Druck durch das AMS wird viele Menschen nur noch kranker machen. Wie stehen Sie zu diesen Menschenrechtsverletzungen? Was wollen Sie hier ändern?
Zwangs-Rehabilitation ist sinnwidrig, wichtig hingegen ist, dass alle, die eine Reha benötigen, den Zugang dazu bekommen. Und hier liegt das zentrale Problem: Für jene, die keinen Zugang zur Invaliditätspension haben (ca. 40.000), gibt es keinen entsprechenden Zugang zu medizinischen oder beruflichen Rehabilitationsleistungen. Das muss geändert werden. Wir schlagen (als Ergänzung zur bestehenden Regelung des Berufsschutzes) eine Mindestgrenze an Einkommen (konkret: den Ausgleichszulagenrichtsatz Mal 14) als notwendigerweise erreichbares Mindesteinkommen vor. Wer aus gesundheitlichen Gründen nur weniger erreichen kann, hat einen Pensionsanspruch (und gegebenenfalls einen Rehabilitationsanspruch).
Zur Ergänzung: Auch wir glauben nicht, dass das AMS in der Lage ist, die Gesetzesänderung bei der I-Pension gesetzeskonform zu administrieren. Wir werden darauf genau schauen. Auch die Einschränkung des Pensionsvorschusses halten wir für absurd.
10. Arbeiterkammer und Gewerkschaften sind z.B. via bfi, bfi jobtransfer, BBRZ/FAB an AMS-Zwangsmaßnahmen beteiligt und so an der Entrechtung der Arbeit suchenden ArbeitnehmerInnen beteiligt. Diese Einrichtungen werden auch nicht dazu genutzt, die Lohnarbeitslosen über deren Rechte zu informieren. Das Ansehen von AK und Gewerkschaften wird dadurch massiv beschädigt. Halten Sie das mit den Aufgaben der AK vereinbar? Was wollen Sie hier ändern?
Wir haben dies regelmäßig in Anträgen und Redebeiträgen kritisiert und werden dies auch weiterhin tun.
11. AK-Mitglieder melden immer wieder, dass die Rechtsberatung der AK unzureichend sei oder dass die fehlerhaft Auskunft über AMS-Zwangsmaßnahmen gibt. Rechtshilfeinformationen für Arbeitslose sind zum Teil sehr oberflächlich. Insbesondere über die Mindestsicherung gibt es wenig Informationen und oft keine Beratung. Hilfe bei Rechtsverfahren wird selten gewährt. Wie wollen Sie die Rechtsinformation und Rechtsdurchsetzung verbessern?
Wir treten für die Schaffung einer weisungsfreien Sozialanwaltschaft ein.
12. Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen als langfristiges Ziel, das die Menschen vor den Schikanen eines auf strukturelle Gewalt aufbauenden „Sozialstaates“ (permanente Androhung Existenz gefährdender Bezugssperren) schützt und die freie Wahl von Arbeit erst ermöglicht und so die Position der ArbeitnehmerInnen stärken würde?
Alle Experimente mit grundeinkommensähnlichen Erscheinungen haben leider stets in die soziale Katastrophe geführt. Insbesondere haben Grundeinkommen eine katastrophale Auswirkung auf Menschen mit niedrigen Einkommen. Wir treten für Umverteilung, für Maßnahmen der Entkoppelung von Existenzsicherung und Erwerbsarbeit und für die Demokratisierung der Arbeitswelt ein, die den abhängig Beschäftigten mehr Rechte geben würde. Ein bedingungsloses Grundeinkommen halten wir nicht für zielführend. Schon die widerliche Debatte um die Höhe der Mini-Sicherung zeigt, was wir uns davon erwarten könnten.
13. AK und Gewerkschaften entsenden VertreterInnen in die AMS-Gremien sowie in die Verwaltungsgerichte, die über Berufungen gegen AMS-Bescheide entscheiden, ohne dass die Betroffenen darüber informiert sind und deren Erfahrungen und Anliegen berücksichtigt werden. Die UNO verlangt in Ihren Empfehlung von November 2013 einen regelmäßigen und offenen Dialog mit den Arbeitslosen. Was wollen Sie tun, dass Lohnarbeitslose eine transparente Vertretung mit entsprechenden Mitspracherechten innerhalb der AK haben? Wie stehen Sie zur Idee einer eigenen „Sozial- und Arbeitslosenanwaltschaft“, die von AK und Gewerkschaften gemeinsam mitgetragen werden könnte?
S. oben. Die AUGE/UG setzt sich schon seit Jahren für die Einrichtung einer Arbeitslosen- bzw. Sozialanwaltschaft ein. Auf unseren Listen können Menschen mit oder ohne aufrechtem Erwerbsarbeitsverhältnis kandidieren und haben damit die selben Mitspracherechte.
14. Sind Sie dafür, dass auch Arbeitslose Menschen wieder volles Wahlrecht haben, ohne sich extra für das aktive Wahlrecht in die WählerInnenliste hinein zu reklamieren? Sollen Erwerbsarbeitslose ArbeitnehmerInnen auch gewählt werden können?
Ja.Wir haben auch entsprechende Anträge gestellt.
15. Welche Form von finanzieller, organisatorischer, politischer Unterstützung wollen Sie Erwerbsarbeitsloseninitiativen anbieten?
Wir haben bisher Arbeitsloseninitiativen sowohl inhaltlich als auch im Rahmen unserer Möglichkeiten finanziell und durch zur Verfügung stellen unserer Infrastruktur unterstützt. Politisch erfolgt die Unterstützung durch Selbstvertretung bzw. Weitertragen der Interessen der Erwerbsarbeitslosen in die Gremien von Arbeiterkammer und ÖGB
16. Österreich hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte zwar vor langer Zeit ratifiziert, aber weder in Verfassungsrang gehoben noch das Zusatzprotokoll über Einzelbeschwerden unterschrieben. Wollen Sie das ändern? Wenn ja, wie?
Die fehlende Rechtsgarantie aus internationalen Übereinkommen sind tatsächlich ein Problem. Wir forcieren derzeit die vollständige Ratifikation der Europäischen Sozialcharta.
17. Allgemein erfahren die AK-Mitglieder wenig bis gar nichts über die politische Arbeit der AK. Minderheitenfraktionen werden nie sichtbar, Beschlüsse der AK-Gremien sind im Internet nicht abrufbar. Ebenso erfahren die Mitglieder nichts darüber, was VertreterInnen der AK in diversen Gremien tun (AMS, Krankenkassen, Pensionsversicherung, Ministerien, …). Mitbestimmungsmöglichkeiten durch die Mitglieder zwischen den Wahlen gibt es überhaupt keine. Wie soll eine transparente und demokratische AK ausschauen? Was wollen Sie dafür tun?
Ähnliches monieren wir seit Jahren in der Arbeiterkammer: Wir haben gefordert, Anträge und deren Behandlung auf die AK-Homepage zu stellen und in der AK-Zeitschrift darüber zu berichten; die verschiedenen Positionen der AK-Fraktionen zu verschiedenen Themen in den AK-Medien sichtbar zu machen; in die AK-Presseaussendungungen nicht nur von der Mehrheit eingebrachte beschlossene Anträge hinzuweisen, sondern auch auf die der anderen Fraktionen - leider wurde dies von der Mehrheitsfraktion FSG immer verhindert.
Im Unterschied zu den meisten Gewerkschaften gibt es in der AK neben dem Auskunftsrecht für Mitglieder die Möglichkeit des Mitgliederantrages, der durch ausreichend viele Unterschriften von AK-Mitgliedern unterstützt, in die Vollversammlung eingebracht und behandelt werden muss. Darüberhinaus gibt es noch das etwas schwächere Petitionsrecht, auf das sich die Mitglieder berufen können. In der Wiener Arbeiterkammer wurde von diesen Rechten in der vergangenen Funktionsperiode kein Gebrauch gemacht.
Unabhängig davon bemüht sich die AUGE/UG, sowohl durch ihre Listenzusammensetzung möglichst vielen, v.a. in der ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretung unterrepräsentierten Gruppen eine Stimme zu geben als auch während der Funktionsperiode Sprachrohr verschiedener emanzipatorischer ökologisch, sozialpolitisch, frauenpolitsch u. menschenrechtspolitisch orientierter Initiativen zu sein und gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Anliegen per AUGE/UG-Antrag in die AK einzubringen, soferne sie nicht der gesellschafts- u sozialpolitischen Orientierung der AUGE/UG zuwider laufen. In der vergangenen Funktionsperiode wurde diese Möglichkeit mehrfach und von verschiedenen Initiativen genutzt.
18. Sind Sie dafür, dass die AK eine Abteilung für Menschenrechte einrichtet, um z.B. auch bei Gesetzesbegutachtungen vermehrt die Menschenrechte Aspekte einzufordern!
Ja