Liebe KollegInnen,
wie wir eher zufällig über die AMSEL erfahren haben, soll am 8.5.2015 wieder ein Treffen von "sichtbar werden" statt finden. Vermutlich ein Vorbereitungstreffen.
Aktive Arbeitslose Österreich als größte unabhängige Betroffenenselbstorganisation wurde - wenn dieses Treffen wirklich statt findet - nicht informiert. Vermutlich, weil wir (Karin und ich) aus Protest gegen die demütigende Behandlung der BetroffenenselbstvertreterInnen durch die Armutskonferenz anlässlich der 10. Armutskonferenz in Salzburg - protestiert haben. Während von anderen Institutionen entsandte Teilnehmer ihre Teilnahme über ihre Träger wohl finanziert bekommen, sollten wir Erwerbsarbeitslose neben unserer Vortragstätigkeit auch noch einen finanziellen Beitrag leisten.
Wir haben bei unserer Absage Eugen Bierling-Wagner aber auch klar und unmissverständlich mitgeteilt, dass wir - auch wenn wir einfach keine Zeit mehr für das aus unserer Sicht immer nutzloser werdende "sichtbar werden" entbehren können - niemanden von unserem Verein daran hindern werden, daran teil zu nehmen.
Uns interessiert nun:
- Gibt es dieses Treffen wirklich?
- Wie stehen die anderen TeilnehmerInnen dazu, dass die Armutskonferenz Euch in brave/würdige und schlimme/unwürdige Arme unterteilt?
- Wo bleibt Eure Selbstachtung und Solidarität?
-
Wie steht es mit dem Beschluss der Arbeitsloseninitiativen, nur dann weiter teilzunehmen, wenn es seitens der Armutskonferenz eine eindeutige Positionierung gegen Sanktionen bei AMS und Mindestsicherung gibt? (Nur 2 x bei Pressekonferenzen etwas gegen Sanktionen zu sagen ist uns zu wenig, das ist noch lange keine konsequente Kampagne).
Aufschlussreich ist auch die aktuelle Diskussion um die Kürzungen bei den AMS-Kursen. Diese Kürzungen sind aus Sicht der von diesen Zwangsmaßnahmen Betroffenen ja oft eher zu begrüßen. Nirgends werden die Erwerbsarbeitslosen selbst gefragt noch wird thematisiert, dass das Geschäft der Armutsindustrie darauf aufbaut, dass wir - obwohl wir selbst jahrzehntelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben und ebenfalls Steuerzahler sind - völlig entrechtet werden. Erwerbsarbeitslose werden nämlich oft durch Androhung der Existenzvernichtung in diese AMS-Maßnahmen zugewiesen. Auch Datenschutzverletzungen und sonstigen Eingriffe in ihre Privatsphäre müssen Erwerbsarbeitslose hinnehmen.
Besonders dreist agiert das NÖ Armutsnetzwerk, dass diese AMS-Zwangsmaßnahmen geradezu in den Himmel lobt: https://www.change.org/p/verantwortungstr%C3%A4gerinnen-im-bereich-arbeitsmarktpolitik-arbeitsmarktpolitische-angebote-ausbauen-bzw-neue-angebote-schaffen-anstelle-von-k%C3%BCrzungen
Gerade die nun vermehrt zugewiesene Generation 50plus mit ihrer Berufserfahrung und Qualifikation gehört NICHT zu den eigentlichen Zielgruppen der SÖBs. Diese Generation empfindet diese Niedriglohnjobs als Hohn, weil Menschen, die von der Wirtschaft gegen deren Willen ausgeschieden wurden, mit einer sittenwidrigen Transitarbeitskräftereglung (niedriger Pauschallohn ohne Anrechnung von Vordienstzeiten und Qualifikationen) zu ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse degradiert werden.
- Was haben denn all die Jahre von "sichtbar werden" denn uns wirklich konkret gebracht?
- Wie lange wollt Ihr Euch noch von dieser Armutsindustrie missbrauchen lassen?
- Wann gibt es endlich mehr aufrechte Menschen in Österreich?
Mit Eurem Schweigen macht Ihr Euch sogar zu MittäterInnen bei der Entrechtung von Euch selbst und helft tatkräftig beim weiteren Abbau von Demokratie und Menschenrechten mit. - Wann erwacht Ihr endlich?
In der ökonomischen Gaskammer für "Überflüssige" wird es zu spät sein. Da bleibt maximal die Wahl zwischen Pfirsich- oder Vanilleduft ... (früher drehte man den Gashahn auf, heute dreht man per Computerklick den Geldhahn zu). Kämpferische Grüße
Martin Mair Obmann "Aktive Arbeitslose Österreich"
Karin Rausch Kassierin "Aktive Arbeitslose Österreich"
P.S.: Auf unseren offenen Brief an die Armutskonferenz haben wir bis heute keine Antwort erhalten! http://www.aktive-arbeitslose.at/briefverkehr/20150128_armutskonferenz_sparvorschlag_salzburg.html