Martin Mair, Obmann der Aktiven Arbeitslosen, wurde als einer von 7 Experten für diese Studie befragt. Neben ihm wurden Christian Opperschall (BMASK), Herbert Buchinger (AMS Österreich), Petra Draxl (AMS Wien), Eva Fischlmayr AMS OÖ), Helmut Mahringer (WIFO), August Gächter (ZSI) interviewt.
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Durch diese Eingrenzung des Pensionsvorschusses auf maximal zwei Monate, ohne dem AMS zu Verfügung stehen zu müssen, sieht Mair (2013) vom Verein "Aktive Arbeitslose" stark eingeschränkte Möglichkeiten für Betroffene, ein Urteil rechtlich anzufechten. Theoretisch sei der Rechtsweg zwar nach wie vor möglich, doch wenn Schulungen und Bewerbungen zu absolvieren sind, um eine gesicherte Existenzgrundlage zu haben, und auf der anderen Seite um die Pension „gekämpft“ werden muss, ist die Schwelle eines rechtlichen Einspruches deutlich erhöht.
Seite 164:
Der Verein Aktive Arbeitslose sieht SÖB unter der derzeitigen Ausgestaltung, vor allem für die traditionelle Gruppe von Personen mit Vermittlungseinschränkungen, wie junge Personen ohne abgeschlossene Ausbildung oder auch soziale Randgrupppen (z.B. auch Personen mit Drogenproblemen) als sinnvoll an (Mair 2013). Auf Zielgruppen, die gegenwärtig vielfach vom AMS zugewiesen werden (z.B. ältere Personen), seien SÖB nicht ausgerichtet und werden von den betroffenen arbeitslosen Personen oft als „vertane Zeit“ oder auch als stigmatisierend erlebt. Der Verein "Aktive Arbeitslose! wird in erster Linie von arbeitslosen Personen mit Berufsqualifizierung konsultiert, für die sich das Angebot des 2. Arbeitsmarktes als nicht passend erweist, weder in Bezug auf die gestellten Anforderungen noch auf die Entlohnung.
Seite 171:
Von der Initiative Aktive Arbeitslose Österreich kommt vor allem Kritik hinsichtlich der Entlohnung der Beschäftigten in den SÖBÜ: „Weil sie in der überlassungsfreien Zeit einen Pauschallohn auf BABE-KV zahlen und als Personalüberlasser sind sie eigentlich verpflichtet, den Lohn der Personalüberlassung zu zahlen. Das ist grundsätzlich eine Rechtsverletzung…“ (Mair 2013). Auch die BGS des AMS greift Kritik auf: „Bei den SÖBÜ wird nach BAGS-KV bezahlt und nicht nach KV der Arbeitskräfteüberlasser; da kritisieren die Arbeitsloseninitiativen, dass wir Lohndumping betreiben (Buchinger 2013).
Insgesamt sieht die Initiative Aktive Arbeitslose die TransitmitarbeiterInnen in SÖBÜ mit wenig Rechten ausgestattet: „Und das ist jetzt mit dieserTransitarbeitskräfteregelung tendenziell wieder ein Schritt in die falsche Richtung, weil das sind billige Arbeitskräfte. Ich muss die nicht produktiv einsetzen. Und ja, sie sind billig und werden vom AMS bezahlt. Und die haben eigentlich keine Mitspracherechte halt, weil der Betriebsrat ist ja meistens nur für die Schlüsselarbeitskräfte da, aber nicht für die Transitarbeitskräfte. Also da gibt es auch diese Zweiteilung“ (Mair 2013).
Darüber hinaus spricht er die Abhängigkeit der TransitmitarbeiterInnen von Betrieben an, die nicht akzeptable Arbeitsbedingungen bereitstellen und bei Opposition der TransitmitarbeiterInnen diese beim AMS abmahnen: „Und es sind gewisse Firmen, die die Rückmeldung auch an das AMS machen, wenn einer nicht arbeitswillig ist, das sind zum Teil Leiharbeitsfirmen. Die kommen mit Lockangeboten und dann wird den Leuten etwas anderes angeboten und wenn die das nicht fressen, dann wird das an das AMS gemeldet“ (Mair 2013). Der Wunsch der arbeitslosen Personen nach einem „fixen Job“ werde durch die SÖBÜ immer weniger erfüllt (Mair 2013). Das AMS OÖ bestätigt, dass die Vermittlungsquoten von LeiharbeiterInnen nicht sehr hoch sind, was eventuell durch eine gezieltere Suche nach Nischenbereichen verbessert werden könne (Fischlmayr 2013).
Seite 175:
Als einzig neuen Tätigkeitsbereich der geförderten Beschäftigungsprojekte nimmt Mair (2013) den Bereich Green Jobs in Form von Projekten im Bereich Recycling und Mülltrennung wahr, den er auch für einen zukunftsträchtigen und notwendigen Bereich hält. Gleichzeitig warnt er jedoch davor, dass die Deklaration „Green“ nicht automatisch bedeutet, dass die gebotenen Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zufriedenstellend sind. Im letzten Jahr war die Initiative Aktive Arbeitslose mit drei Beschwerden von TransitmitarbeiterInnen aus Projekten im Bereich der Mülltrennung/ Recycling konfrontiert, die aus Dequalifizierungsaspekten diese Arbeit nicht machen wollten. Die geringe Attraktivität dieser Tätigkeit solle zumindest durch eine ordentliche Entlohnung kompensiert werden.
Seite 204:
"Die Initiative „Aktive Arbeitslose“ übt Kritik, dass die Entlohnung der SÖB immer geringer ausfalle und fordert, die TransitmitarbeiterInnen entsprechend ihren Qualifikationen zu entlohnen. Die Bundesgeschäftsstelle des AMS sieht bei der Gestaltung der Entlohnung der TransitmitarbeiterInnen die Herausforderung, dass durch eine Tarifentlohnung durch BAGS-KV, der auf einem ähnlichen Niveau wie die Entlohnung in manchen Niedriglohnbranchen anzusiedeln ist, der Anreiz zu einer Arbeitsaufnahme am 1. Arbeitsmarkt zu gering ist. "
Und auf Seite 207:
Die Vorgehensweise des AMS, Personen unter Sanktionsandrohung zum 2. Arbeitsmarkt zuzuweisen, bewertet die Initiative „Aktive Arbeitslose“ als kritisch und sieht die Notwendigkeit eines Weggehens bzw. einer massiven Einschränkung der Sanktionsdrohungen für arbeitslose Personen und die Notwendigkeit der Einführung der freiwilligen Teilnahme an Angeboten des AMS. „Die meisten arbeitslosen Personen seien ohnehin bereit, etwas Sinnvolles zu machen, da sie beruflich sozialisiert sind und sich die Arbeitsideologie mehrheitlich internalisiert hat. Sanktionen würden die Leute nur in die Passivität drängen und demotivierend wirken,“ so Mair, von den „Aktiven Arbeitslosen“.
Das Bild Mairs spiegelt sich auch in den Interviews mit ehemaligen TransitmitarbeiterInnen wider: Bei einem Teil der Befragten wird der Verpflichtungscharakter, der mit der Aufnahme einer Transitbeschäftigung einhergeht, sichtbar: So sprechen drei von neun Personen explizit an, dass die Transitbeschäftigung rein zur „Aufbesserung der Arbeitslosenstatistiken“ angeboten wird. Ebenso zeigt sich in den Gesprächen mit Transitarbeitskräften die Angst vor einer möglichen Bezugssperre als Grund für die Annahme der Transitbeschäftigung. Dennoch wird ersichtlich, dass eine hohe Bereitschaft zu einer Beschäftigungsaufnahme gegeben ist, da die TransitmitarbeiterInnen es bevorzugen für einen Leistungsbezug auch eine Leistung zu erbringen und eine Transitbeschäftigung den wichtigen Aspekt der gesellschaftlichen Teilhabe mit sich bringt.