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Leserbrief an die Kleine Zeitung zum Artikel "Die Spittaler Brückenstraße befindet sich im Aufwind"

Soumis par Aktive Arbeits… le ven, 15.05.2015 - 16:00
Angaben zum Brief
Brief abgesendet

Anmerkung: Und weil derartige Hofberichterstattung in den Lokalredaktionen leider schon üblich ist, haben wir auch die Zentralredaktion der "Kleinen Zeitung" um Stellungnahme gebeten ...

Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Frau Pirkner!

Danke, dass Sie uns mit Ihrem Bericht auf das angeblich gemeinnützige Beschäftigungsprojekt vom "Regionalverband Spittal-Millstätter See-Lieser-Malta-Nockberge" hingewiesen haben.

Uns stellt sich die Frage, warum die Kleine Zeitung immer wieder so wie Sie unkritisch über Workfare-Programme des AMS berichtet. Üblicherweise werden nämlich die regulären Kollektivverträge durch eine vermutlich sittenwidrige Pauschalentlohnung nach BAGS-Transitarbeitskräfteregelung (1) umgangen. Dadurch wird regulär bezahlte Arbeit ausgehebelt. Die Menschen werden unter menschenrechtswidriger Androhung des Existenzentzuges durch Bezugssperren (2) dazu gezwungen, weshalb das de facto Zwangsarbeit ist, auch wenn sie de jure dieser "nur" sehr nahe kommt. Sogar die UNO hat schon das Sanktionenregime kritisiert (3).

Dass Wirtschaft und Politik versagt haben und zu wenig Arbeitsplätze anbieten ist nicht Schuld der Arbeitslosen. Die Behauptung, die aus der Baubranche stammenden Arbeitslosen bräuchten eine "sozialpädagogische Betreuung" um "fit für den Arbeitsmarkt" gemacht zu werden, ist eine infame Lüge, um die Gewalt die hier angetan wird, zu vertuschen. Wir sind erwachsene Menschen, die keiner aufgezwungenen "sozialpädagogischen Betreuung" bedürfen. Diese verletzt das Menschenrecht auf Datenschutzes und auf Schutz der Privatsphäre nach Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention. Oft findet diese aber erst gar nicht statt, weil es nur darum geht, billige Arbeitskräfte auszubeuten.

Hier wird offenbar nur auf Kosten der "Versicherungsgemeinschaft" - sprich aller ArbeitnehmerInnen - den Nutznießern kostenlose Arbeit zur Verfügung gestellt. Der "zweite Arbeitsmarkt" unterminiert als Sonderrechtszone allgemein die ArbeitnehmerInnenrechte und ist daher als Angriff auf alle ArbeitnehmerInnen zu werten!

Auch bei anderen Projekten hat das den betroffenen Arbeitslosen nichts gebracht! Wir können Ihnen auch einen Betroffenen vermitteln, der als ehemaliger Partieführer eines ähnlichen Arbeitseinsatzes diesen Umstand in eindrucksvoller Weise bestätigen kann.

Aufgrund vermehrter Beschwerden Betroffener über die Missbräuche am "zweiten Arbeitsmarkt" ist nun eine Kärntner Regionalgruppe im Aufbau, die sich am ersten Donnerstag im Monat in Klagenfurt trifft.

Aktuell haben wir einen recht krassen Fall in einem großen SÖB in Kärnten in Arbeit, wo wir Hinweise haben, dass systematisch Missbrauch von Versicherungsgeldern betrieben wird.

Wieso betreiben Sie eine derart unkritische Hofberichterstattung?

Was für eine journalistische Ausbildung haben Sie erhalten? Haben Sie nicht gelernt, die Themen von mehreren Seiten kritisch zu betrachten?

Was für ein journalistisches Selbstverständnis haben Sie?

Da ich selbst Publizistik studiert habe, eine Zusatzausbildung durch die Katholische Medienakademie erhalten habe und die Österreich-Sektion von "Reporter ohne Grenzen" gegründet habe, bleibt mir die Achtung journalistischer Standards ein wichtiges Anliegen.

Mit basisgewerkschaftlichen Grüßen

Ing. Mag. Martin Mair
Obmann "Aktive Arbeitslose Österreich"

P.S.: In Großbritannien, wo unter der rechten Regierung von David Cameron die Regierung geradezu einen Klassenkampf gegen Arme und Arbeitslose führt, gibt es schon eine eigene Aktionsplattform gegen Workfare, die uns ein großes Vorbild ist: http://www.boycottworkfare.org/

(*) http://www.kleinezeitung.at/k/kaernten/oberkaernten/peak_oberkaernten/4730928/Spittal_Spittaler-Bruckenstrasse-im-Aufwind

(1) http://www.arbeitslosennetz.org/arbeitslosigkeit/rechtshilfe/transitarbeitskraefteregelung.html

(2) http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20140204_ams-bezugssperrren_sanktionenstatistiken_2013.html http://www.aktive-arbeitslose.at/themen/ams-sanktionen_bezugsperren.html

(3)http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20131209_uno-kritisiert_oesterreich_wegen_verletzung_sozialer_menschenrechte_ams-bezugssperren_mindestsicherung.html

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