Lliebe Mit-Genoss/innen!
„Die künstlich aufgeblähte Blase platzt und bringt die unfassbare Unvereinbarkeits-Schweinerei zu Tage!“
Dem kann ich im Großen und Ganzen nur zustimmen!
Zur Presseaussendung der GPA-djp "Breite Unterstützung für den zielgerichteten Einsatz von AMS-Mitteln" vom 4. Mai 2015 möchte ich hiermit Stellung nehmen:
Als arbeitslose Sängerin und Musikpädagogin (die bereits vom neoliberalen Kahlschlag betroffen war, nachdem die Kultur ja schon vor vielen Jahren kaputt gespart wurde!), Sprachtrainerin und ehemalige Trainerin in diversen AMS-Maßnahmen (zuletzt ERFA und Englisch) habe ich beide Seiten zur Genüge kennengelernt, und ich denke, dass ich wohl mit Fug und Recht von mir behaupten kann, nicht zu jenen Kollegen zu gehören, die „mit dem Finger auf Arbeitslose gezeigt haben“ (Zitat auf SONED, Gästebuch S. 316, Eintrag vom 24.04.2015 von Ha.)! Schon immer habe ich zu meinen Kollegen gesagt: „Jede/r Trainer/in sollte einmal selbst arbeitslos gewesen sein, denn das erhöht die Sozialkompetenz, die ja in unserem Metier unerlässlich ist!“
Da ich nun selbst von dieser Kürzungs- und Kündigungswelle betroffen bin, kann ich natürlich auch die Gefühle auf beiden Seiten sehr gut nachvollziehen: den Unmut der Arbeitslosen, die – leider unter Androhung von Zwang – zu den Maßnahmen zugebucht wurden (was mir schon während meiner Tätigkeit als Trainerin ein äußerst ungutes Gefühl bereitet hat), aber ebenso den Ärger der in solchen Maßnahmen beschäftigten Trainer/innen, die entweder (so wie ich) bereits ihre Kündigung erhalten haben oder eine Gehaltskürzung verpasst bekommen haben!
Beim BEST-Institut, wo ich zuletzt tätig war, wurde das Projekt ERFA (Erfahrungswerte für Personen ab 50 Jahre) bereits im vergangenen Jahr zur Gänze gestrichen! „Von der dann einsetzenden Kündigungswelle waren dann auch einige sehr gut qualifizierte ältere Kolleg/innen betroffen, die jetzt bereits kurz vor der Pension stehen und nun unter Umständen selbst vom AMS durch SÖB-Zuweisungen und andere Zwangsmaßnahmen sekkiert werden! (Das wird vermutlich einigen Genoss/innen hier ein schadenfrohes Lächeln entlocken, ist aber für die Ex-Trainer/innen auch nicht gerade lustig!)
Ich möchte hier mal anmerken, dass das Projekt ERFA zuvor mehrere Jahre gut gelaufen war und dass wir sogar eine recht hohe Teilnehmer/innen-Zufriedenheit hatten. Warum? Weil wir (bis auf wenige Ausnahmen, die es ja leider überall gibt) stets darum bemüht waren, diesen älteren Arbeitslosen mit Respekt zu begegnen und ihnen mit Rat und Tat – ohne Ausübung von Druck – zur Seite zu stehen. Zumindest was mich und meine Kolleg/innen angeht, mit denen ich sogar heute noch in einem freundschaftlichen Verhältnis stehe, kann ich das wohl mit Recht behaupten.
In dem Projekt, in dem ich zuletzt beschäftigt war (Englisch Sprachkurs Wien Ost beim BEST-Institut in der Wolfganggasse) mussten auch die Englisch-Trainer/innen (allesamt Akademiker/innen mit abgeschlossenem Lehramtsstudium oder Anglistik-Studium) erhebliche Einkommenseinbußen in Kauf nehmen: Nachdem das AMS die Mittel für unseren Englischkurs (der übrigens vielen Teilnehmer/innen durchaus etwas gebracht hat) um die Hälfte zusammengestrichen hatte, wurden die übrig gebliebenen Englisch-Trainer/innen dazu „verdonnert“, nur noch Teilzeit zu arbeiten und das fehlende Einkommen durch weitere Sprachkurse oder andere Nebenjobs aufzustocken! Da viele damit natürlich nicht einverstanden waren, gab es (nachdem ich bereits gekündigt worden war) auch seitens der noch verbliebenen Trainer/innen einige Kündigungen. Einige der betroffenen hochqualifizierten Kolleg/innen haben dann Gott sei dank noch etwas anderes gefunden, einige sind aber vermutlich auch beim AMS gelandet.
Vor dem Hintergrund der menschenrechtswidrigen Zwangsmaßnahmen, die jetzt insbesondere den älteren Arbeitslosen aufgedrückt werden (SÖB-Zubuchungen, Transitarbeitsverhältnisse, Abschieben in den Niedriglohnsektor trotz guter Qualifikation, „Entsorgen“ der Generation 50plus am Zweiten Arbeitsmarkt) darf ich wohl sagen, dass das Projekt ERFA (mag die Bezeichnung „Sinnlos-Kurs“ für viele wohl auch zutreffen) für diese älteren Menschen, die ja teilweise schon gesundheitliche Einschränkungen hatten, immer noch das „kleinere Übel“ war!
Was mich bei dieser Diskussion ziemlich verwundert, ist die Tatsache, dass zwar alle Betroffenen (natürlich mit Recht) all die Jahre lautstark gegen diese „Deppenkurse“ und „Sinnloskurse“ gewettert haben, dass sich aber jetzt immer noch kein bzw. viel zu wenig Widerstand regt gegen diese menschenverachtenden Zwangsmaßnahmen, die uns von (Un-) Sozialminister Hundstorfer als sog. „Älterengarantie“, „Beschäftigungsprogramm 50+“, „Arbeitsmarktpaket 50+“ – oder was auch immer – verkauft und unter Zwang aufgedrückt werden!
Im Zuge dieses von Hundstorfer verabschiedeten „Arbeitsmarktpakets 50+“ werden selbst gut ausgebildete und erfahrene Fach- und Führungskräfte, teilweise sogar hochqualifizierte Akademiker/innen, zu Hilfsarbeiter/innen degradiert, in den Niedriglohnsektor abgedrängt, am zweiten Arbeitsmarkt entsorgt und auf diese Weise zu Menschen zweiter Klasse gemacht! Hier werden gut ausgebildete Menschen zu Lohnsklaven gemacht, vom Staat im Stich gelassen und verraten! Durch Hilfstätigkeiten, die zudem auch noch mit körperlicher Anstrengung verbunden und der Gesundheit der älteren Arbeitnehmer/innen nicht gerade zuträglich sind, wird das hohe Potenzial der älteren Arbeitskräfte verschlissen!
Und die Gesellschaft, die Politiker – und leider auch die AK, die GPA-djp und selbst die Volksanwaltschaft – schauen tatenlos zu, ohne mit der Wimper zu zucken!
Dies ist in hohem Maße eine Altersdiskriminierung, die eigentlich bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft – oder besser noch: beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – angezeigt werden müsste! Und daher frage ich mich schon lange: Warum wehrt sich niemand? Warum regt sich immer noch kein oder nur sehr wenig Widerstand? Dazu kann ich allen Betroffenen (sowohl den Arbeitslosen als auch den ehemaligen Trainer/innen) nur raten: Leute, auf die Barrikaden! Denn: „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!“
Mit solidarischen Grüßen
Sylvia K.