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Dialog Langzeitarbeitslose 50+: Offener Brief an Anton Strini

Aktive Arbeits… am Sa., 17.09.2016 - 17:43
Angaben zum Brief
Brief abgesendet

Sehr geehrter Herr Strini,
 

vielen Dank für Ihr Antwortschreiben betreffend meiner Anregung, das AMS solle doch bitte in Dialog mit den Langzeitarbeitslosen50+ treten. Aus diesem Grunde erhalten Sie mit diesem Schreiben auch eine Antwort, die von jeweils Langzeitarbeitslosen50+ in Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Bludenz getragen wird. Dies um zu verdeutlichen, dass die uns überrumpelnden, nötigenden, unsere Rechte aushebelnden und demütigenden AMS- Verfahrensabläufe System haben, deren Ursache vermutlich in der Rechtsabteilung zu finden ist und deshalb auch nur über diese geklärt und berichtigt werden kann.

Was die chaotische Zuweisung zu Beschäftigungsprojekten im vergangenen Jahr betrifft, haben mehrere von uns dies ausführlich in unseren Stellungnahmen, Parteiengehörschreiben, Einwendungen zu Betreuungsvereinbarungen, in E-Mails an die Qualitätssicherung des AMS (Fr. N.), an die Ombudsleute und auch an Frau Mag. A. und Herrn MMag. P., darzulegen versucht. Leider vergeblich, da das AMS aus rechtlicher Sicht gesehen, rein nur seine eigenen Interessen vertritt, unsere Rechte dabei aber vollständig untergräbt und aushebelt. Die einzige Antwort ist stets die: „Das wird beim AMS halt so gemacht“, „Das ist nichts Persönliches“ udgl.

Bei uns entstand der Eindruck, dass AMS-Entscheidungen der Willkür unterliegen, die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben betreffend der Rechte von AMS-Kunden zum einen nicht möglich war, weil BeraterInnen davon gar nichts wissen, zum anderen weil auf anderer Ebene solche gesetzlichen Vorgaben als lästige Einschränkungen im Umgang mit den Klienten gesehen werden und/oder vielleicht auch nicht als Teil des Arbeitsauftrages gesehen werden und so eben der Willkür Tür und Tor geöffnet ist.

Es gibt zahlreiche Gesetze, Verwaltungsgerichtshofurteile, Bundesrichtlinien (z.B. brl-Qualitätsstandards für Arbeitsverhältnisse im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GBP) – AMF/21-2014) und verpflichtend einzuhaltende Arbeitsanweisungen an das AMS wie die brl-kp1-2014, welche die Rechte von Erwerbsarbeitslosen und Arbeitenden in AMS-Maßnahmen einschließen/schützen.

Das AMS hält sich nicht daran! Die Beschäftigungsprojektträger halten sich auch nicht daran! Man richtet sich alles untereinander und mit Hilfe des BBRZ, so dass gesunder Widerstand und die Frage nach der Sinnhaftigkeit überhaupt keinen Raum mehr finden. Es ist besonders perfide, wenn vollkommen überlastete Ärzte so für „Massen- oder Schnellgutachten“ nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische und geistige Verfassung bewerten…..

Würden Sie so eine überrumpelnd stattfindende „Zwangsbegutachtung“ wollen, nur weil Sie von einem ihrer jüngeren Mitstreiter von Ihrem Posten verdrängt wurden? Und, dass diese ärztliche Bewertung dann als Grundlage dafür herangezogen wird, Sie in einem Beschäftigungsprojekt zu entsorgen?

So sagt z.B. auch Volksanwalt Dr. Günther Kräuter und Florian Bachmayr-Heyda im VN Interview: „Wir sind in der paradoxen Situation, das Respektieren von Gesetzen einfordern zu müssen.“ Genau das sagen wir Langszeitarbeitslose50+, oder eigentlich bereits Langzeitarbeitslose45+ auch. Wir sind zwar einfache Leute und sind, da aus dem Arbeitsmarkt gedrängt, gezwungen von Notstandshilfe oder Mindestsicherung leben zu müssen, das macht uns aber nicht zu einer „rechtslosen Verwaltungsmasse“.

Unseres Wissens hat das AMS z.B. auch den gesetzlichen Auftrag, ordnungsgemäße, das heißt schriftliche und begründete Zuweisungen zu Beschäftigungsprojekten zu tätigen. (U.a. in brl-kp1: Laut verbindlich einzuhaltenden „Standards für Zusammenarbeit mit Teilprozess Förderung“ unter Pkt. 6.9.2. in der brl-kp1, ist eine „arbeitsmarktpolitische Stellungnahme“ bei Zuweisung zu einer Fördermaßnahme (SÖB, GBP, UGP und BBE) im Betreuungsplan oder z.B. auch im Teilnahmeschreiben abzugeben….

Der/die AMS-BeraterIn hat noch vor der Zuweisung zu einem SÖB/GBP wo auch „Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, sowie Arbeitstrainings angeboten werden an welchen die Zugewiesenen angeblich verpflichtend teilnehmen müssen, das Manko welches mit diesen Maßnahmen „ausgemerzt“ werden soll beim Kontrolltermin gemeinsam zu ermittelt und der/dem Arbeitslosen bekannt zu geben.)

Vergangenes Jahr hat dies überhaupt nicht stattgefunden, denn wir Langzeitarbeitslose 50+ wurden einfach von unserem Betreuer telefonisch an die Kontaktperson beim Beschäftigungsprojektträger verwiesen und für uns ein Termin für ein Bewerbungsgespräch vereinbart. Das ist rechtswidrig. Uns wurden keinerlei konkrete Informationen zum Beschäftigungsprojekt gegeben – wir sollten uns einfach bei Caritas/Integra/Aqua Mühle „bewerben“.

Wir wurden nicht über unsere Pflichten aufgeklärt, von den Rechten ganz zu schweigen. Dies alles wurde uns einfach über eine Betreuungsvereinbarung einverleibt, die keine „Vereinbarung“ war und deren Bedeutung für uns Langzeitarbeitslose vollkommen heruntergespielt wurde von all den AMS-BeraterInnen die wir später dann darauf angesprochen haben.

Diese sogenannte „ verbindliche Betreuungsvereinbarung“ ist nur der Anfang einer langen Kette für uns Arbeitslose, die uns vorgaukeln soll, all dies und Folgendes geschehe nur zu unserem Besten. Stück für Stück büssen wir dabei unsere Rechte ein, weil wir mit zunehmendem Maße stärker genötigt werden, ohne Ankündigung und verständliche Rechtsaufklärung Niederschriften zu unterfertigen, die Existenz bedrohende Konsequenzen nach sich ziehen!!

Natürlich gibt es viele solche Langzeitarbeitslose50+, die aus den verschiedensten Gründen auch froh sind über einen Projektarbeitsplatz – oft auch, weil sie einfach mürbe gemacht wurden und keine Kraft mehr haben sich über ihre Rechte zu informieren und sich für sich selbst stark zu machen. Schließlich herrscht hier auch ein extremes Machtungleichgewicht zwischen Politik, ausführender Behörde und einem immer stärker verletzten,

angeschlagenen und niedergedrückten Individuum, auf das über diese behördliche Vorgangsweise immer weiter eingetreten wird, bis es gar nichts anderes mehr kann als sich mit immer prekärer werdenden Verhältnissen zu arrangieren und auch noch Dankbarkeit dafür zu zeigen, damit es nicht noch schlimmer werde.

Fakt ist auch, dass durch zahlreiche und verschiedenste Maßnahmen der Statistikschönung, Verschleierung und Selbstbeweihräucherung nicht zu Tage tritt, dass in der Praxis immer mehr Menschen ab 45+ von der Wirtschaft rein wegen Ihres Alters entlassen und/oder nicht mehr angestellt werden. Gut qualifizierte und gesunde Menschen werden so erst chronisch krank gemacht, in die Armutsfalle gelockt und in die Beschäftigungsprojekte gezwungen, damit die Lohngestaltung konsequent gedrückt und über die Beschäftigungsprojekte gewinnorientierte Firmen noch günstiger produzieren können. Wie schön, dass dies allgemein als „zumutbar“ gilt.

So, sehr geehrter Herr AMS-Landesgeschäftsführer, erhalten Sie dann auch den Eindruck alle seien glücklich und zufrieden, denn das Respektieren von Gesetzen einzufordern von einer Einzelperson gegenüber einer Behörde erfordert schon auch eine gehörige Portion an Mut und Kraft und vor allem Ausdauer. Was die AMS-Beschäftigungsprojektpartner Caritas/Carla und Integra betrifft haben wir zudem Informationen, dass körperliche Beeinträchtigungen in Form von altersbedingten Abnützungserscheinungen oder Überforderungen wegen einer ungewohnten körperlichen Arbeit eben nicht berücksichtigt wurden.

Viel mehr werden Ärzte und Psychotherapeuten in den Beschäftigungsprojekten missbraucht, um Menschen auszuhorchen, ihnen irgendwelche psychischen, geistigen oder sozialen Defizite zu attestieren, um dem AMS nachträglich eine Begründung zu liefern, warum denn so eine Maßnahme doch sinnvoll und zumutbar sei. Auch existiert in Beschäftigungsprojekten kein Betriebsrat an den sich die Arbeitenden wenden könnten.

Sie, Herr Landesgeschäftsführer Anton Strini sind für diese in immer tiefere Gefilde absinkende „Zumutbarkeit“ persönlich mitverantwortlich! Seien Sie nicht böse, wenn die allermeisten dieser Menschen dem AMS und speziell Ihnen gegenüber anonym bleiben wollen, da sie Angst vor weiteren Repressalien haben, mit denen ihnen ständig und täglich, auch über die Presse gedroht wird.

Mittlerweile -Anfang 2016- sieht sich die Rechtsabteilung zwar gezwungen, sich in einer schriftlichen und begründeten Zuweisung zu Beschäftigungsprojekten zu versuchen, aber die Herrschaften in unserer Vorarlberger Rechtsabteilung scheinen keine Ahnung zu haben, wie so etwas geht, denn es finden sich schon wieder rechtswidrige Äußerungen und vollkommen an den Haaren herbeigezogene, rechtlich unhaltbare Begründungen in diesen Zuweisungsschreiben. Wir sind dabei die Art und bestimmte Rechtswidrigkeiten in diesen Zuweisungen offiziell zu beeinspruchen. Wir werden aber für diese Arbeit nicht bezahlt und es wäre eigentlich die Aufgabe von Frau Mag. Arming und Herrn MMag. Patak oder sonstigen Personen im AMS die ihren Lohn dafür erhalten, sich generell darum zu kümmern, dass dieses Zuweisungsverfahren rechtlich korrekt -auch für uns Langzeitarbeitsloe50+- abläuft.

Repressalien durch Vertrauensmissbrauch, Überrumpeln und stillschweigendes Berauben unserer Rechte durch das AMS gehen dann beim Beschäftigungsprojektträger weiter. Wiederum werden wir mit freundlichem und lächelndem Gesicht genötigt, vorgefertigte Dienstverträge zu unterschreiben, die keineswegs den Vorgaben der brl-Qualitätskriterien SÖB/GBP entsprechen und deshalb auch keine Sanktionen verhängt werden dürften, wenn jemand eine solche generelle „Sozialbehandlung“ ablehnt. Auch dies habe ich vergangenes Jahr in einem eingeschrieben versandten Schreiben vom 23.8.2015 bemängelt.

Es hat sich aber bisher nichts Nennenswertes geändert, obwohl ich auch darauf hingewiesen habe, dass die Beschäftigungsprojektträger dahingehend von der AMS-Landesgeschäftsstelle zu kontrollieren sind (brl-GBP: Pkt. 6.8.2. Qualitätsmanagementsystem ….

Die Landesgeschäftsstelle hat den Fördernehmer in der Fördervereinbarung zu verpflichten, alle in Umsetzung des § 9 Abs. 7 AlVG in der „Bundesrichtlinie Qualitätsstandards für Arbeitsverhältnisse im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GPB) (AV-SÖB/GBP)“ festgelegten Qualitätsstandards einzuhalten. Z.b. soll lt. Richtlinie Qualitätsstandards Pkt. 6.1. im Dienstzettel oder Arbeitsvertrag das ungefähre Ausmass und der ungefähre Inhalt der sozialpädagogischen Betreuung, sowie die ins Auge gefassten beruflichen Fortbildungen angeführt werden. Pkt. 6.2.: Der Inhalt der und das Ausmaß an sozialpädagogischer Betreuung haben sich an den Anfordernissen des Einzelfalls zu orientieren und sind tunlichst einvernehmlich festzulegen.)

ArbeitstrainerInnen der Beschäftigungsträger geben weiter in einem uns nicht zugänglich gemachten Abschlußbericht (bei jeder anderen Firma, bekommt der Arbeitnehmer das Dienstzeugnis ausgehändigt) äusserst subjektiv erworbene Informationen an das AMS weiter, die vom AMS und seinen Beraterinnen dann gegen uns verwendet werden, um uns erneut in die Beschäftigungsprojekte zu zwingen. Es handelt sich dabei um haltlose Anschuldigungen, wie „aggressives Verhalten“, „Betrunkenheit“, „unfähiges Verhalten“, die das AMS auch nicht gewillt ist, aufzuklären oder gar aus unseren AMS-Akten zu streichen.

In den Augen des AMS hat grundsätzlich immer der Beschäftigungsträger Recht und dessen Beurteilungen und Äußerungen werden nicht in Frage gestellt. Zumindest manche dieser Informationen, die von Beschäftigungsprojektträgern, aber auch Leasingfirmen, oder anderen eng mit dem AMS in Sachen Beschäftigung von Arbeitslosen kooperierenden Firmen, sind vom AMS unserer Ansicht nach illegal erworben und stellen Verletzungen gegen das Datenschutzgesetz dar. Bisher wurde in keinem Fall die Löschung solcher ungeprüfter, oder illegal erworbener Informationen aus unseren AMS-Akten gewährt.

Wir möchten auch betonen, dass wir keine Lösung für Einzelfälle anstreben. Trotz der Individualität der einzelnen Fälle sollte es möglich sein, diese auf einer für alle Arbeitlosen gültigen Rechtsgrundlage abzuwickeln. Wobei sowohl dem vom AMS zu erfüllenden Arbeitsauftrag des Gesetzgebers, als auch der grundsätzlichen Rechte von Arbeitslosen und in Beschäftigungsprojekten Arbeitenden, gerecht werden kann. (Bezogen auf die Art der Förderung, Art und Form der Zuweisung zu Beschäftigungsprojektpartnern, Datenschutz ……)

Mit freundlichem Gruß,

Sonja Elmenreich für
„Aktive-Arbeitslose Österreich/Vorarlberg“

 

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