Aktive Arbeitslose Österreich schließen sich der Kritik der Volksanwaltschaft an und fordern Stopp des verfassungswidrigen Diskriminierungsprogramms!
(Wien, 11.3.2019) „Statt die durch technische Rationalisierung und Globalisierung verursachte Massenarbeitslosigkeit, Prekarisierung und Verarmung der erwerbsabhängigen Bevölkerung endlich durch Arbeitszeitverkürzung, bedingungsloses Grundeinkommen und demokratische Mitbestimmung in allen Lebensbereichen zu bekämpfen, versucht die Regierung durch Scheinaktivität von ihrer Mitverantwortung abzulenken und die von der Wirtschaft aussortierten Menschen durch den AMS-Algorithmus noch zusätzlich zu diskriminieren“ faßt Aktive Arbeitslose Österreich Obmann Martin Mair die Kritik am AMS-Algorithmus aus Betroffenensicht zusammen.
„So erfreulich die Kritik der Volksanwaltschaft ist, so geht diese nicht weit genug, denn die fehlende demokratische Mitbestimmung der Erwerbslosen beim AMS und der Lohnabhängigen in der Wirtschaft ist das Grundproblem, das durch die scharzblaue Symbolpolitik nicht nur verdrängt, sondern mit dem sozialrassistischen Gehalt des AMS-Algorithmus und der Kategorisierung von lebendigen Menschen verschärft wird!“
Zudem müssen für den „Algorithmus“ ja erst strukturierte Daten über Arbeit Suchende erfasst werden, was an sich schon mit einem großen Arbeitsaufwand verbunden ist und aus datenschutzrechtlicher Sicht abzulehnen ist.
Verharmlost Volksanwaltschaft systematische Gesetzesbrüche durch das AMS?
So erfreulich die Forderung der Volksanwaltschaft nach breiterer Diskussion und Einbeziehung Betroffener erscheint, ist diese auch problematisch, weil der von der Regierung geplante Gesetzesbruch nur behübscht werden würde. Nach § 31 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) „hat“ das AMS seine Leistungen „nach den Erfordernissen des Einzelfalles“ zu erbringen und das in § 29 AMSG festgeschriebene Ziel der Vermittlung in Stellen entsprechend dem Vermittlungswunsch (Menschenrecht auf frei gewählte Arbeit!) umzusetzen. Ebenso hat das AMS „weitestmögliche Chancengleichheit mit anderen Arbeitskräften“ herzustellen, „für Personengruppen, die besonders von Arbeitslosigkeit bedroht sind, geeignete Unterstützungsleistungen“ anzubieten und es muss „insbesondere die Erhaltung und den Ausbau marktfähiger Qualifikationen der Arbeitnehmer fördern“ und „hat“ Vermittlungshindernisse zu beseitigen!
Statt endlich seine Arbeit im Dienste der Erwerbslosen gesetzeskonform zu erbringen, will das AMS Österreich Langzeitarbeitslose, die in die unterste Schublade des AMS-Algorithmus fallen, noch extra diskriminieren und jede tiefer gehende Berufsaus- und fortbildung verweigern und die aussortieren Menschen in billige Beratungs- und Betreuungseinrichtungen (BBE) abschieben, obwohl eine vom Sozialministerium selbst in Auftrag gegebene wissenschaftliche Studie eindeutig belegt, dass nur längerfristige Fachausbildungen wirken und die „Aktivierungskurse“ (BBEs) überhaupt nichts bringen!
Das AMS ist vom Gesetz her also verpflichtet, primär den Interessen und Bedürfnissen Arbeit suchender Menschen nachzukommen und nicht parteipolitischen Interessen!
Zudem verletzt das vom AMS geplante (Aus)Sortierungsprogramm eine verfassungswidrige Diskrimination dar, die Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt zumal das Menschenrecht auf Bildung durch Artikel 2 1. Zusatzprotokoll EMRK ebenfalls im Verfassungsrang steht!
Das sich gern als „Menschenrechtshaus“ bezeichnende Volksanwaltschaft kann daher – wenn diese endlich ihren Gesetzesauftrag ernst nehmen würde – dieses Diskriminierungsprogramm nur aufs schärfste bekämpfen!
Weitere Informationen:
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Volksanwaltschaft sieht AMS-Algorithmus äußerst problematisch (10.3.2019)
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Artikel 14 EMRK: Verbot der Diskriminierung (auch wegen „sonstigen Status“ wie z.B. Langzeitarbeitslosigkeit)
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BMASK Studie: Die Langzeitwirkung von Qualifikationsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice (2013)