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Soziale Menschenrechte: UNO kritisiert AMS-Sanktionen, niedrige Mindestsicherung und fehlende Mitbestimmung der Betroffenen

Soumis par Aktive Arbeits… le lun, 09.12.2013 - 17:04

Aktive Arbeitslose fordern in Online-Petition die volle Umsetzung der sozialen Menschenrechte

(Wien/Graz 9.12.2013) Deutliche Kritik an der mangelhaften Umsetzung der sozialen Menschenrechte äußerte das UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte ("Committee on Economic, social and Cultural Rights - CECSR") bei seiner bereits 4. Staatenprüfung, die alle 8 Jahre von der UNO in Genf durchgeführt wird.

Erstmals wurden auch die Existenz gefährdenden Bezugssperren beim AMS kritisiert, die nach den Verschärfungen durch die AlVG-Novellen 2004 und 2007 das Menschenrecht auf FREI GEWÄHLTE ARBEIT verletzen. Die UNO kritisiert auch die Bedingungen unter denen Bezugssperren verhängt werden (Verhängung auf reinen Verdacht hin, kein faires Verfahren, keine Rechtshilfe für Betroffene) und drängt daher darauf, dass durch Bezugssperren nicht das Recht auf frei gewählte Arbeit verletzt wird, also dass durch die permanente Sanktionsdrohung niemand in Arbeit gezwungen werde, die er/sie nicht selbst ausgesucht hat. Die UNO drängt auch darauf, dass es einen regelmäßigen und offenen Dialog des AMS mit den betroffenen Arbeitslosen gibt.

Die UNO kritisiert die hohe Anzahl der Langzeitarbeitslosen und dass die Jugendarbeitslosigkeit trotz Ausbildungs- und Arbeitsprogramme (Lehrwerkstätten, Produktionsschulen) um 60% höher als der Durchschnitt ist und dass die Regierung den Arbeit suchenden Jugendlichen zu wenig Alternativen anbietet. Ebenfalls kritisiert die UNO dass Asylwerbern nach wie vor der volle Zugang zu Erwerbsarbeit verwehrt wird und dass jene Asylwerber, die keine Arbeit finden, nicht einmal die Mindestsicherung beziehen können.

Bei der Mindestsicherung kritisiert die UNO, dass diese (bei weitem) nicht die realen Lebenskosten deckt und dass die Republik Österreich auch nicht garantiert, dass alle die Mindestsicherung brauchen, diese auch in einer „konsistenten und effizienten Weise“ auch erhalten. Österreich solle also den allgemeinen Empfehlungen der UNO folgend das Recht auf soziale Sicherheit gewährleistet. Also auch hier kritisiert die UNO (indirekt) das von Sozialminister Hundstorfer eingeführte Existenz gefährdende Sanktionenregime.

Die UNO kritisiert an den Beschäftigungstherapien für Behinderte (sogenannte "Behindertenwerkstätten") dass die dort Arbeitenden keine oder nur eine geringfügige Entschädigung für ihre Arbeit erhalten und keine Pensionsversicherung dadurch erwerben und so keinen angemessenen Lebensstandard genießen können.

Regierung und Justiz missachten soziale Menschenrechte prinzipiell

Wie die Aktiven Arbeitslosen als Teil der von der FIAN organisierten Delegation der Plattform „WSK-Rechte“ feststellen konnte, ist die UNO vor allem darüber erbost, dass an der grundlegenden Missachtung der Menschenrechte durch die österreichische Regierung und Justiz nichts verändert hat. Die UNO fordert daher zum wiederholten Male, dass die sozialen Menschenrechte in die Verfassung aufgenommen und dass Österreich Zusatzprotokoll zum WSK-Pakt ratifiziert, damit soziale Menschenrechte endlich einklagbar werden und auch der/die einzelne EinwohnerIn bei der UNO Beschwerden machen kann. Die UNO kritisiert insbesondere dass in die Rechtsprechung der Gerichte die sozialen Menschenrechte immer noch kaum angewandt werden und immer noch nicht RichterInnen über soziale Menschenrechte geschult werden. Auch die Volksanwaltschaft habe immer noch zu wenig Kompetenzen und sei nicht wirklich unabhängig.

Der Verein „Aktive Arbeitslose Österreich“ sieht hier vor allem den Verwaltungsgerichtshof gefordert, der nicht einmal dann, wenn einem Juristen das AMS offenbar als Schikane eine Stelle als Putzkraft zuweist und den Bezug sperrt (VwGH 97/08/0572), das Menschenrecht auf frei gewählte Arbeit in Erwägung zieht und auch sonst jede Kleinigkeit als „Vereitelung“ wertet. Auch raubt er Langzeitarbeitslosen die Rechte und die Menschenwürde, wenn er ohne jeden empirischen Beleg behauptet, es sei notorisch und daher nicht näher zu begründen, dass Langzeitarbeitslose ein Kommunikations- und Einordnungsdefizit hätten, womit JEDE Zwangsmaßnahme an sich gerechtfertigt sei (z.B. VwGH 2008/08/0273).

Österreichs Auftritt in Genf: Eine Blamage für die Regierungsdelegation

Die Regierung glänzte beim Staatenhearing Österreichs durch Abwesenheit und ließ sich durch eine umfangreiche und hochrangige BeamtInnendelegation vertreten. Diese mussten nicht nur zahlreiche kritische Fragen über sich ergehen lassen, sondern machten noch schlechte Figur, in dem sie sich nicht nur als uninformiert, sondern auch als ausgesprochen arrogant zeigte. Bei der Frage nach den Bezugssperren beim AMS konnte die Vertreterin des Sozialministerium keine konkreten Informationen liefern und behauptete lediglich pauschal, diese seien nur das allerletzte Mittel und würden nach ganz genauen und strengen Kriterien, die durch die Rechtsprechung vorgegeben seien, verhängt. Auf die Rüge der UNO, dass die Zivilgesellschaft nicht in die Erstellung des Regierungsberichts eingebunden worden sei und keine Unterstützung dazu erhält, konterten die BeamtInnen recht schnoddrig, die NGOs hätte doch eh die Möglichkeit, eigene Schattenberichte zu erstellen. Aktuelle Zahlen über die Armut in Österreich mussten die BeamtInnen erst in der Mittagspause beim Soznialministerium erfragen und die Frage nach der Abschaffung der befristeten Invaliditätspension ließen sie unbeantwortet.

Sozialminister Hundstorfer ein Menschenrechtsverletzer ersten Grades

Sozialminister Hundstorfer ist für die Vollendung des neoliberalen Aktivierungs- und Arbeitszwangsregime verantworltich: Er hat das Sanktionenregime durch die Mindestsicherung verschärft und führ tmit Abschaffung der befristeten Invaliditätspension menschenrechtswidrige Zwangsrehabilitation ein. Im schlimmsten Falle sind diese Zwangsbehandlungen z.B. bei psychiatrischen Erkrankungen durch Zwangsmedikation im Sinne der UN-Konvention gegen Folter sogar als Folter zu bezeichnen. Rudolf Hundstorfer muss sich daher den Vorwurf gefallen lassen unter den bisherigen Sozialministern der Zweiten Republik der größte Menschenrechtsverletzer zu sein. Menschenrechtlichen Argumentationen gegenüber zeigte er sich ja uns gegenüber bislang leider völlig unzugänglich.

Angesichts dessen, dass Österreich zu den reichsten und entwickelsten Staaten der Welt gehört, gibt es für die Ingoranz seitens der Regierung keine Ausrede.

Aktive Arbeitslose starten Online-Petition zur Umsetzung soziale Menschenrechte in Österreich

Aufgrund der zahlreichen Verletzungen der sozialen Menschenrecht und wegen der grundlegenden ablehnenden Haltung der Regierung gegenüber sozialen Menschenrechten starten die Aktiven Arbeitslosen Österreich eine Online-Petition, in der entsprechende Forderungen an die Regierungsverhandler gestellt werden. Soziale Menschenrechte kommen den Menschen aufgrund ihres Mensch Seins zu, und nicht nur dann, wenn diese sich gegenüber den Behörden als „(arbeits)willig“ und untertan zeigen.

Ob wenigstens die Oppositionsparteien bereit sind, sich für die sozialen Menschenrechte einzusetzen werden die Aktiven Arbeitslosen jedenfalls auch noch genau überprüfen.

Anhang: Auszug aus den Empfehlungen der UNO

16. Der Ausschuss ist darüber besorgt, dass die Jugendarbeitslosenquote trotz Einführung von Lehrlings- und Berufsausbildungsmöglichkeiten weiterhin 60 Prozent über der Arbeitslosenquote für Erwachsene liegt. Er ist auch über die hohe Anzahl von Menschen besorgt, die mit Langzeitarbeitslosigkeit konfrontiert sind, und dass die Bedingungen für die Aussetzung von Arbeitslosenunterstützung möglicherweise nicht das Recht eines/einer jeden respektiert, seinen/ihren Lebensunterhalt durch eine frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen (Art. 6, 7 und 9).

Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat die Verabschiedung von Langzeitstrategien – verbunden mit einem wirksamen Monitoring- und Evaluierungsmechanismus –, um die grundlegenden Ursachen von Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, wobei benachteiligten und marginalisierten Gruppen besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist; gleichzeitig sollte der Vertragsstaat seine Anstrengungen zur Steigerung der Qualität, Vielfalt sowie der Anzahl von Lehr- und Berufsausbildungsstellen fortsetzen. Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat auch auf, sicherzustellen, dass die Aussetzung von Arbeitslosenunterstützungen nicht das Recht eines/einer jeden verletzt, seinen/ihren Lebensunterhalt durch eine frei gewählte oder angenommene Arbeit – gemäß Art. 6 des Paktes – zu verdienen, und dass ein regelmäßiger und offener Dialog zwischen Arbeitsmarktservice und Arbeitslosen geführt wird, um individuelle Bedürfnisse und Anliegen zu berücksichtigen.

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