Sorry, you need to enable JavaScript to visit this website.

Hinweis zu E-Mail-Anfrage: Aus technischen Gründen und aus Gründen des Datenschutzes und der Netzpolitik bitte Google und gmx meiden! Weitere Infos

Replik zu Kocher: Mehr Verbindlichkeit bei Grund- und Menschenrechten!

Soumis par Aktiver Admin le lun, 05.07.2021 - 16:35

Aktive Arbeitslose Österreich fordern Abschaffung der Bezugssperren sowie Wiederherstellung der Selbstverwaltung der Arbeitslosenversicherung

(Wien, 5.7.2021) „Wenn Arbeitsminister Martin Kocher das alte Lied der arbeitsunwilligen Arbeit Suchenden anstimmt und im ansonsten relativ sachlichen Statement gegenüber der ‚Zeit im Bild‘ ‚mehr Verbindlichkeit‘ in Form schärferer Umsetzung des Existenz bedrohenden Sanktionenregims fordert, dann soll Minister Kocher endlich dafür sorgen, dass dieses Sanktionenregime wenigstens den in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Deutschen Verfassungsgerichts (BVerfG) konkretisierten Anforderungen entspricht: Dass Totalsperren mit Grundrechten unvereinbar sind und eine menschenwürdige Existenz in jedem Fall gesichert werden muß!“ fordert Aktive Arbeitslose Österreich Obmann Martin Mair den neuen Arbeitsminister endlich unsere Verfassungs- und Menschenrechte zu achten! 

Systematischen Rechtsbruch beim AMS beenden und Täter*innen zur Rechenschaft ziehen!

Wir stellen in unserer Beratungstätigkeit fest, dass tagtäglich beim AMS systematisch grundlegende Verfassungs- und Verfahrensrechte gebrochen werden: Bereits auf bloße Rückmeldungen von Unternehmer oder Kursinstituten wird den Versicherten ihre Versicherungsleistung eingestellt und die Versicherten müssen ihre Unschuld beweisen! Obwohl der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals Bezugssperren aufgehoben hat, weil das AMS keine förmlichen Einvernahmen der Beschuldiger gemacht hat und so Arbeit Suchende generell vorverurteilt, setzen die Mitarbeiter des AMS sich nach wie vor systematisch über grundlegende Verfahrensgrundsätze hinweg. 

Selbst wiederholte und grobe Rechtsverletzungen führen nicht dazu, dass AMS-Mitarbeiter*innen das Gehalt eingestellt wird oder diese in irgendeiner Form dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Erst recht werden Unternehmer*innen nicht zur Verantwortung gezogen, die falsche Aussagen über Arbeit Suchende gegenüber dem AMS machen. Und schon gar nicht bekommen die Opfer der AMS-Bürokratie eine Entschädigung oder wenigstens eine Entschuldigung seitens des AMS.

Tagtäglich suchen zahlreiche Opfer von Rechtsverletzungen durch AMS-Mitarbeiter*innen bei „Aktive Arbeitslose Österreich“ oder bei Rechtshilfeeinrichtungen Unterstützung. Unserer Erfahrung nach, sind etwa 90% der verhängten Bezugssperren der Rat Suchende rechtswidrig. Diese werden zumeist nach Aufklärung der Betroffenen oftmals vom AMS selbst aufgehoben oder erst Monate später vom Bundesverwaltungsgericht.

Keine Änderung unserer Arbeitslosenversicherung ohne volle Mitsprache der Arbeitslosengewerkschaften!

Minister Martin Kocher ist offenbar noch nicht darüber informiert worden, dass entsprechend dem  ILO Übereinkommen 122 (BGBl 355/1974) und der ILO Empfehlung 202 die Betroffenen bei der Planung, Umsetzung und Evaluation der Sozial- und Beschäftigungspolitik einzubeziehen sind. Die UNO hat schon bei der 5. Staatenprüfung Österreich über die Umsetzung des „UNO-Sozialpaktes“ (WSK-Pakt) das Sanktionenregime als Verletzung des Menschenrechts auf FREI gewählte Arbeit kritisiert und regelmäßige Gespräche mit Vertreter*innen der Langzeitarbeitslosen eingefordert!

Die Arbeitslosengewerkschaft „Aktive Arbeitslose Österreich“ würde sich daher freuen, wenn der aus der Wissenschaft kommende Arbeitsminister Martin Kocher dafür sorgen würde, dass das AMS endlich geltende Gesetze und menschenrechtlichen Konventionen einhält. 
Hände weg von UNSERER Arbeitslosenversicherung!

Schließlich haben wir alle als Versicherte und Steuerzahler*innen das AMS und seine mit der Sanktionenpeitsche befüllten Zwangsmaßnahmen selbst bezahlt. Die Arbeitslosenversicherung ist nicht dazu da, um Unternehmen, die zu einer zeit- und demokratiegemäßen Personalführung nicht in der Lage sind oder am Markt vorbei produzieren, durch die Saktionenpeitsche oder gar auf Kosten der Versicherungsgemeinschaft durch unbezahlte Arbeit in Form rechtswidriger Arbeitstrainings und sonstiger Geschenke künstlich am Leben zu erhalten. Statt unser Geld mit einer aufgeblähten Bürokratie und auf der strukturellen Gewalt der Sanktionen beruhenden Kursbranchen („Arbeitslosenindustrie“) zu verschwenden, wäre eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, der Wiedereinführung der Wertsicherung angesagt ebenso wie die freie Wahl der AMS-Kurse. In einer Demokratie sollte das doch selbstverständlich sein!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern daher:

  • Soziale Menschenrechte endlich in den Verfassungsrang aufnehmen, insbesondere die Grundrechtecharta der Europäischen Union (Artikel 14), die Sozialcharta des Europarates (Artikel 1) und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Artikel 6) (inklusive Zusatzprotokoll für Individualbeschwerden bei der UNO)!
  • Umsetzung der Urteile des EuGH und des BVerfG: Menschenwürdige Existenz sichern - keine Sanktionen unter die Armutsgefährdungsschwelle (bisher: Totalkürzung und kein Anspruch auf Mindestsicherung/Sozialhilfe mehr!), keine Sanktion vor Abschluss eines fairen Verfahrens sowie sofortige Aufhebung der Bezugssperren wenn tatsächlich vorhandenes regelwidriges Verhalten beendet wird.
  • Selbstverwaltung der Arbeitslosenversicherung  entsprechend den Beschlüssen des 2. und 3. Gewerkschaftskongresses wieder herstellen: Selbstorganisation der Arbeitslosenversicherung durch die Gewerkschaften und Betroffenenselbstorganisationen. Unternehmen sollen nur beratende Stimmen haben. Der Staat Mindeststandards der Rechte der Versicherten festlegen.
  • Gleiches Recht für Alle: Gleich scharfe Sanktionen für AMS-Mitarbeiter*innen und diskriminierende Unternehmen wie für Arbeit Suchende statt Geschenke an die Unternehmen auf Kosten der Arbeiter*innen!
  • Freie Rechtsanwaltswahl bei der Verfahrenshilfe und längere Fristen für Rechtsmittel (einheitlich 6 Monate), die schon in der ersten Stufe beim AMS ansetzt. Bezahlung der Verfahrensanwälte in Form eines Beratungsschecks!
Weitere Informationen
Schlagworte