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Stellungnahme zur Novelle des Epidemiegesetzes (41/ME)

Soumis par Aktive Arbeits… le ven, 25.09.2020 - 20:00

Wien, 23.8.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Ressourcen gestatten es leider nicht, ausführlich zur Novelle und zum Epidemiegesetz an sich Stellung zu nehmen weshalb wir uns auf eine kursorische Punktation beschränken:

1. § 5 Abs. 5: Weitergabe von personenbezogenen Kontaktdaten:
Der Verein Aktive Arbeitslose Österreich macht u.a. Rechtsinformation für Erwerbslose, die von durch die AMS-Bürokratie geschaffenen Probleme mitunter schwer betroffen sind. Diese Menschen kommen aber nur dann zu Vereinstreffen, wenn die Vertraulichkeit garantiert ist. Auch sonst stellt es gerade für politisch aktive Vereine einen massiven Eingriff in die durch die Verfassung und die EMRK garantierte Vereinigungsfreiheit dar, wenn die Vertraulichkeit nicht mehr gegeben ist.
Anbetracht dessen, dass COVID-19 etwas über der schweren Grippe liegt1, stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffes. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde aus dem Ziel der Verflachung des Infektionskurve zum Schutzes des Gesundheitssystems in völlig intransparenter und autoritärer Weise ein totaler Krieg gegen das Virus, was zu massiven Kollateralschäden in Österreich nicht nur für den Rechtsstaat, sondern auch für Wirtschaft, gesellschaftliches Leben und Gesundheit (aufgeschobene medizinische Untersuchungen/Behandlungen, geringere/verspätete Arzt-
oder Krankenhausaufsuche auch Angst oder Einschüchterung – besonders betroffen: chronisch Kranke, Krebspatient*innen etc.).
Vereinstreffen
und andere zivilgesellschaftliche Treffen umfassen oft eher wenige Menschen und bergen meist ein geringes Risiko und sind für das ausgesprochen niedrige Infektionsgeschehen insgesamt von untergeordneter Bedeutung. Die Zivilgesellschaft hat schon bisher so viele Einschränkungen hinnehmen müssen!
Daher ist klarzustellen, dass Vereine von diesen Bestimmungen ausgenommen werden bzw. die Zustimmung der Betroffen als Voraussetzung der Datenübermittlung so klar kommuniziert wird, dass nicht in vorauseilendem Gehorsam die Teilnahme an Vereinstreffen u.a. von der Zustimmungserklärung abhängig gemacht wird oder Behörden so wie bisher willkürlich bzw. überschießend handeln!

2. Entschädigung von Verdienstentgang, Einschränkung der Eigentumsrechte von Betrieben:
Hierbei handelt es sich um durch Verfassung und EMRK geschütztes vermögenswertes Recht das nicht durch Almosen, noch dazu verwaltet von nichthoheitlichen Einrichtungen wie die Wirtschaftskammer, ersetzt werden kann. Die vollen Entschädigungsrechte sind daher wieder herzustellen!

3. Verordnungsvollmachten:
Diese sind nach wie vor viel zu unbestimmt. Es fehlt eine verbindliche und nachvollziehbare Grundrechteabwägung, die nicht nur bei der Erstellung der Verordnung sondern auch bei der Anwendung im Einzelfall vorzunehmen ist!

4. Entschädigung für Freiheitsentzug/einschränkung durch Qurantänierung:

Das Standardlehrbuch zur EMRK von Prof. Grabenwarter und Prof. Pabel stellen hierzu fest:

"Artikel 5 Abs. 1 lit. e eröffnet die Möglichkeit der Freiheitsentziehung mit dem Ziel, die Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern. Auf diesen Tatbestand können insbesondere Quarantänemaßnahmen gestützt werden. Das Vorliegen ansteckender Krankheiten ist zwingend durch ein objektives ärztliches Attest festzustellen, um eine Freiheitsentziehung zu rechtfertigen. 160
160 EGMR 24.10.1979, Winterwerp ./. NED, Nr. 6301/73, Z. 39; EGMR 5.11.1981, X. ./. GBR, Nr. 7215/75, Z 40; EGMR, 23.2.1984, Luberti ./. ITA, Nr. 9019/80, Z. 27; EGRM, 28.5.1985, Ashingdane ./(.GBR, Nr. 8225/78, Z. 37."

Grabenwarter / Pabel: Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Auflage § 21 Freiheit und Freizügigkeit, RZ 31

"Art. 2 Abs. 1 4. ZP gewährleistet in seiner ersten Tatbestandsalternative das Recht, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats frei zu bewegen. (350) Dabei ist es unerheblich, zu welchem Zweck sich die betreffende Person von einem Ort zu einem anderen fortbewegen will. Die Wahl eines bestimmten Fortbewegungsmittels oder einer bestimmten Wegstrecke ist nicht vom Schutzbereich der Freizügigkeit erfasst, sofern der Grundrechtsträger durch entsprechende Beschränkungen nicht in seinem Recht auf, an den Ort seiner Wahl zu gelangen, gehindert ist. (351)"
350 Vgl. zum räumlichen Geltungsbereich Art. 5 Abs 4 4. ZP.
351 So auch Pöschl in: Korinek/Houlubek, Art. 2 4. ZPEMRK Rn. 25f.; Griegerich, in Dörr/Grothe/Mahraun, Kap. 26 Rn 44

Grabenwarter / Pabel: Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Auflage § 21 Freiheit und Freizügigkeit, RZ 59

Schon von Rechts wegen gebührt daher grundsätzlich eine Entschädigung für den Freiheitsentzug, insbesondere für Menschen, die gar nicht infiziert sind! Wenn es in Taiwan2 grundsätzlich eine Entschädigung für Quarantänierung von umgerechnet etwa 30 Euro pro Tag gibt, warum nicht auch in Österreich? Eine wissenschaftliche Studie zur Complience bei der Quarantäne hat festgestellt, dass in Israel nach Abschaffung einer Entschädigung die Complience, die Einhaltung der Quarantäne, geradezu auf die Hälfte sank!3 Schon aus pragmatischen Gründen sollte daher mehr auf positive Anreize als auf „Überwachen und Strafen“ („schwarze Pädagogik“) gesetzt werden!

5. Weiter fordern wir u.a. die Veröffentlichung aller statistischen Daten
rund um die Anti-COVID-19 Politik, insbesondere auch über die vielfältigen und massiven Schäden durch, die durch
die Dogmen „Lockdown“ und „totaler Krieg gegen das Virus“ verursacht worden sind. Eine Folgenabschätzung für Epidemiebekämpfungsmaßnahmen gehört ebenfalls in das Epidemiegesetz aufgenommen.

6. Grundsätzlich fehlen Regeln für die Einbindung der von der Epedemiebekämpfung betroffenen und darunter leidenden Bevölkerung.
Schon der Deutsche Ethikrat forderte schon vor gut 4 Monaten einen „Wettbewerb der Ideen statt stumpfer Corona-Obrigkeit4, mahnte der Europa-Verantwortliche der WHO die Einbeziehung der Communities ein5 und veröffentlichte medico das „Corona Manifest“ über Standards für eine demokratie- und menschenrechtskonforme Epidemipolitik6. Das aus 29 Fachorganisationen aus Deutschland, Österreich un der Schweiz bestehende Kompetenznetz Public Health zu COVID-19, das über 4.000 Wissenschafter*innen und Fachmediziner*innen vertritt, veröffentlich
t seine Erkenntnisse über die „Kollateralschäden“ frei zugänglich7.

Die Regierung und die Bürokratie kann sich also nicht darauf ausreden, nicht gewusst zu haben, was die autoritäre Antiepidemiepolitik so alles anrichtet. Auch auf der Webseite der ÄrzteZeitung8 sind zahlreiche, verständliche Artikel zu finden!

Gerade die unteren Gesellschaftsschichten sind aufgrund geringer Ressourcen (meist keine Rücklagen) und angeschlagener Gesundheit von der autoritären Politik betroffen, weshalb wir keinerlei Verständnis für DIESE dilettantische Politik haben.

Mit basisgewerkschaftlichen und menschenrechtsfreundlichen Grüßen

 

Mag. Ing. Martin Mair
Obmann „Aktive Arbeitslose Österreich“


1 Prof Eskild Petersen, Prof Marion Koopmans, Unyeong Go MD, Davidson H Hamer, Nicola Petrosillo, Prof Francesco Castelli, et al.: Comparing SARS-CoV-2 with SARS-CoV and influenza pandemics (The Lancet, 3.7.2020)
https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(20)30484-9/fulltext

2 Home isolation/quarantine: subjects to get compensation (Focus Taiwan, 10.3.2020)
https://focustaiwan.tw/society/202003100020
https://web.archive.org/web/20200823124237/https://focustaiwan.tw/society/202003100020

3 Self-Isolation Compliance In The COVID-19 Era Influenced By Compensation: Findings From A Recent Survey In Israel (Health Affairs, 9.4.2020)
https://www.healthaffairs.org/doi/10.1377/hlthaff.2020.00382

4 SARS-2-CoV-Pandemie: Ethikrat fordert Wettbewerb der Ideen statt stumpfe Corona-Obrigkeit (ÄrzteZeitung, 7.4.2020)
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Ethikrat-fordert-Wettbewerb-der-Ideen-statt-stumpfe-Corona-Obrigkeit-408400.html

5 Community participation is crucial in a pandemic (The Lancet, 4.5.2020)
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31054-0/fulltext

6 Ein Corona Manifest (medico, 12.5.2020)
https://www.medico.de/ein-corona-manifest-17746/

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