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Ältere Arbeitslose: Zwangsarbeit getarnt als Beschäftigungsgarantie?

Soumis par Aktive Arbeits… le mar, 30.04.2013 - 11:06

Sozialminister Hundstorfer forciert Zwangsarbeit ähnliche Billiglohnjobs für ältere Arbeitslose in SÖBs und GBPs

(Wien 30.4.2013) In der Pressekonferenz „Der Weg zur Älterengarantie“ präsentierten heute im Sozialministerium Sozialminister Rudolph Hundstorfer und AMS Vorstand Johannes Kopf ihre Pläne für ältere Arbeitslose und präsentiert dabei altbekannte, einen Mix aus potentiell sinnvollen Maßnahmen (Weiterbildung), eher harmlose Placebo-Maßnahmen (Arbeitsplatz-Coaching) und wirklich gefährlichen Maßnahmen die in Orwellschen New Speak getarnt werden.

Ältere ArbeitnehmerInnen mit der „Beschäftigungsgarantie“ am „2. Arbeitsmarkt“ entsorgt?

„So wie Jugendliche eine Ausbildungsgarantie bekommen, sollen Langzeitbeschäftigungslose Ältere eine staatliche Arbeitsplatzgarantie bekommen, bei der sie kollektivvertraglich entlohnt werden und deutlich mehr Einkommen haben als in der Arbeitslosigkeit“ verspricht die Presseunterlage.

Erreicht werden soll das durch

  • einen Bonus in Form von Eingliederungsbeihilfen
  • einer Rerformation des Kombi-Lohns
  • einen Ausbau des 2. Arbeitsmarktes

Zwangsarbeit 2.0: Zustände wie in der Dritten Welt?

Dass es um Schaffung eines Niedriglohnsektors, ja um die Forcierung einer Armutsindustrie geht belegt folgende skurrile Aussage der Presseunterlage: „... neue Formen des 2. Arbeitsmarktes müssen ausprobiert werden. (Beispielsweise unternehmerisch geführte Integrationsbetriebe im Industriebereich, wo Arbeit aus Billiglohnländern zurückgeholt wird; die Zusammenarbeit von Beschäftigungsprojekten zwischen öffentlichem Bereich und Privatwirtschaft soll weiter intensiviert werden, ...)“

Das heißt, die öffentliche Hand lagert schlecht bezahlte Arbeit in auf Kosten der Versicherungsgemeinschaft hoch subventionierte Betriebe aus: Nunmehr bis zu einem Jahr dauern diese Zwangsmaßnahmen und werden zu 2/3 von der Arbeitslosenversicherung subventioniert. Die einst unter Sozialminister Alfred Dallinger eingeführte und gut gemeinte Idee der SÖBs und GBPs wird immer mehr in ihr Gegenteil verkehrt.

Aus dem Menschenrecht auf frei gewählte, volle und produktive (somit gut bezahlte) Arbeit nach ILO 122 macht Sozialminister die Pflicht fremdbestimmte und schlecht bezahlte ohne Zukunftsperspektive anzunehmen, denn sonst wir einem völlig menschenrechtswidrig die Existenz entzogen.

Ein -Euro-Jobs auf österreichisch?

Vor allem der letzte Punkt erweist sich als Fallgrube, denn hier werden seit einigen Jahren unter Mithilfe der Gewerkschaften mit der gefürchteten „Transitarbeitsregelung“ die regulären Kollektivverträge umgangen:

  • keine Anrechnung von Vordienstzeiten und Qualifikationen
  • lediglich 4 (BAGS-KV) oder nur 1 Gehaltsstufe (BABE-KV) die sehr niedrig angesetzt sind und nur wenig differieren (ca. 1300 brutto)
  • keine Gehaltsvorrückung

Zu allem Überdruss wird oft nur nicht Existenz sichernde Teilzeitarbeit angeboten.

Wie der OGH feststellte, können auch Kollektivverträge sittenwidrigen sein, wenn sie gegen höheres Recht wie das Gleichheitsgebot der Verfassung verstoßen.

Auf diese Problematik angesprochen meinte Sozialminister Hundstorfer nur abwehrend, das sei ja von den Sozialpartnern ausgehandelt worden und diese hätten auch keine Klage gegen diese Regelung geführt. „Ich kann damit leben“ meint der gutbezahlte Sozialminister ohne jeden weiteren Gedanken.

Damit wird der von Sozialminister Hundstorfer forcierte „2. Arbeitsmarkt“ gerade für die älteren ArbeitnehmerInnen zur Armutsfalle, da gerade ältere ArbeitnehmerInnen durch SÖBs und GBPs. Diese AMS-Zwangsmaßnahmen sind per gesetzlicher Definition für Menschen mit eingeschränkter Produktivität und spezieller Vermittlungshindernisse, womit diese oft hoch qualifizierten und erfahrenen Arbeitnehmerinnen stigmatisiert werden.

Viele finden trotz dieser angeblichen „Wiedereingliederungsmaßnahmen“ keine Arbeit am „1. Arbeitsmarkt“ und werden vom AMS immer wieder unter Androhung des Existenzentzuges zu SÖBs und GBPs zugewiesen.

Wie immer: Die Betroffenen werden weiter vom Ministerium und von den Sozialpartner bevormundet

Obwohl das von Österreich ratifizierte und unter Bruno Kreisky sogar als Bundesgesetz veröffentliche ILO Übereinkommen 122 über die Beschäftigungspolitik in Artikel 3 die Anhörung nicht nur der Sozialpartner sondern auch von „Vertreter der Personen, die von den beabsichtigten Maßnahmen betroffen werden“ vorsieht wurde wieder alles nur hinter verschlossenen Türen mit den Sozialpartnern, die selbst alles andere als wirklich demokratisch organisiert sind, voll über die Betroffenen hinweg ausgemauschelt.

„Dieses Vorgehen ist einer Demokratie unwürdig und mit den Menschenrechten unvereinbar!“ kritisiert Martin Mair, Obmann der Aktiven Arbeitslosen diese Menschen verachtende Politik.

Forderungen der Aktiven Arbeitslosen

  • Schluss mit der sittenwidrigen Umgehung regulärer Kollektivverträge durch die Transitarbeitsregelungen. Kein „2. Arbeitsmarkt“ der arbeitslose Arbeitnehmerinnen zu Menschen zweiter Klasse macht.
  • Frei gewählte, volle und fair bezahlte Arbeit statt fremdbestimmter und schlecht bezahlter Workfare-Programme
  • Transparente und demokratische Arbeitspolitik unter voller Einbeziehung der Betroffenenselbstorganisationen statt autoritär agierender Sozialpartnerschaft!

Abkürzungen:

SÖB: Sozialökonomischer Betrieb

GBP: Gemeinnützige Beschäftigungsinitiative

ILO: International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation, Agentur der UNO)

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