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BABE-KV: Arbeit Suchende als ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse?

Soumis par Aktive Arbeits… le lun, 06.07.2009 - 19:59

Mit dem BABE-KV hat haben die Gewerkschaften gpa-djp und die VIDA nicht nur einem Teil der TrainerInnen im AMS-nahen Bereich ein ungeliebtes Ei gelegt, sondern hat auch Arbeit suchende ArbeitnehmerInnen zu Menschen zweiter Klasse erklärt denen wichtige ArbeitnehmerInnenrechte vorenthalten werden.

Der kleine aber entscheidende Unterschied: Die TrainerInnen können sich selbst organisieren und haben am Montag, 6.7.2009, eine Demo vor der gpa-djp in Wien organisiert und werden von der Gewerkschaft zu Gesprächen eingeladen, Arbeit suchende Menschen hingegen haben weder eine richtige Interessensvertretung noch eine Lobby hinter sich und werden daher von niemanden gehört, geschweige denn ernst genommen.

Ist der BABE-KV für Transitarbeitskräfte nur ein Kollektivvertrag zweiter Klasse?

Wer als "Transitarbeitskraft" in einer AMS-Massnahme ein "Arbeitsverhältnis" unter Androhung des Existenzentzuges (Bezugssperre) aufgedrückt bekommt, wird folgende für ein reguläres Arbeitsverhältnis ganz normale Rechte vergebens suchen:

  1. Recht auf Einstufung nach Verwendung:
    Im Gegensatz zur "TransitarbeiterInnenregelung" im BAGS-KV, wo immerhin 4 Verwendungsstufen zwischen 1.139 Euro für ungelernte Hilfskräfte bis 1.301 für koordinierend und selbständig arbeitende Arbeitskräfte sieht der BABE-KV nur eine einzige Einstufung pauschal zu 1.147,74 Euro brutto (ca. 960 netto) zu und verdonnert diese " zur Verrichtung einfacher Tätigkeiten" egal wie qualifiziert und erfahren die Betroffenen sind. Zum Vergleich: Lehrlinge erhalten laut BABE-KV im 4. Lehrjahr 1140,92 Euro. Die allerniedrigste Einstufung für ungelernte Arbeitskräfte, Verwendungsgruppe 1 Stufe 1, beträgt 1385,66 Euro brutto.
  2. Recht auf Berücksichtigung der Ausbildung/Qualifikation:
    Weder BABE-KV noch BAGS-KV gestehen Transitarbeitskräften eine Berücksichtung der Qualifikation beim Gehalt zu. Selbst hochqualifizierte ForscherInnen oder Führungskräfte werden auf Hilsfarbeiterniveau heruntergedrückt.
  3. Recht auf Anrechnung der Berufserfahrung/Vordienstzeiten:
    Auch hier kennen BAGS und BABE-KV keine Gnade: auch erfahrende ArbeitnehmerInnen werden auf AnfängerInnenniveau runtergedrückt.
  4. Recht auf Gehaltsvorrückungen:
    Selbst bei mehrmaliger Zuweisung zu "Transistarbeitsplätzen" erhalten die betroffenen ArbeitnehmerInnen keine Gehaltsvorrückungen.
  5. Recht auf Interessensvertretung:
    Da "Transitarbeitsplätze" in "sozialökonomischen Betrieben" und "gemeinnützigen Beschäftigungsinitiativen" in der Regel nicht mehr als 6 Monate dauern, dürfen "TransitarbeiterInnen" keinen (eigenen) Betriebsrat wählen und haben leider de facto auch in den Gewerkschaften keine Interessensvertretung. Gibt es einen Betriebsrat, vertritt der oft eher die Interessen der TäterInnen, als der Opfer dieser Zwangsmassnahmen. Erwerbsarbeitslose gehören in Österreich zur einzigen grösseren Bevölkerungsgruppe, der keinerlei politische Interessensvertretung - mit ausreichenden Ressourcen - zugestanden wird.

Theoretisch sollen "Transitarbeitsplätze" sogenannte "Vermittlungshindernisse" überwinden und in den "ersten Arbeitsmarkt" integrieren. Wegen des technischen Fortschritts und dadurch fortschreitender Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen sowie wegen der Internationalisierung (Auslagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländern) wird es in einer kapitalistisch geprägten Wirtschaft und Gesellschaft nie wieder die vielbeschworene "Vollbeschäftigung" geben. Daher werden Arbeit suchende ArbeitnehmerInnen immer wieder solchen "Transitarbeitsplätzen" zugewiesen, um so aus der Langzeitsarbeitslsoenstatistik herauszufallen. Schlecht bezahlte, dequalifizierende und demotivierende Zwangsarbeit bietet allerdings keinesfalls die Lebenssituation Arbeit suchender ArbeitnehmerInnen und kann noch zu einen sozialen Sprengstoff führen kann.

Zum Beispiel: Aktion Gemeinde – Zwangsarbeit auf Steirisch

In den 80er und frühen 90er Jahren lehnten die SPÖ und Gewerkschaften den Ruf der FPÖ nach Zwangsarbeit für Langzeitsarbeitslose in Form "gemeinnütziger Arbeit" kategorisch als faschistoid ab. Nun ist es genau diese SPÖ – z.B. Franz Voves in der Steiermark - und die AK unter Herbert Tumpel, die "gemeinnützige Arbeit" als angebliches Wundermittel gegen die Dauerkrise am Arbeitsmarkt anpreisen. So werden in der Steiermark mit der "Aktion Gemeinde" Langzeitsarbeitslose in deren Heimatgemeinde – zur Bloßstellung? – auf 3 Monate zwangsverpflichtet, ohne dass den Betroffenen ArbeitnehmerInnen der reguläre Kollektivvertrag für Gemeindebedienstet gezahlt wird. Die Gemeinde zahlt nichts, die Kosten tragen die ArbeitnehmerInnen via Arbeitslosenversicherung und Steuerzahlungen. Vermutlich handelt es sich bei der "Aktion Gemeinde" um verschleierte Personalüberlassung, da selbst im Verwaltungsbereich "TransitarbeiterInnen" eingesetzt werden und eigentlich laut Arbeitskräfteüberlassergesetzt nach dem jeweils anzuwenden KV des Beschäftigerbetriebes zu entlohnen wäre.

Pikantes Detail am nicht unwichtigen Rande: Mit dabei ist wieder der Verein ErfA – Erfahrung für alle, der bereits seit über einem Jahr AMS-Zwangsmassnahmen für das AMS Graz macht. Erfa Projektleiter Othmar Pfeifer wurde im Jänner 2009 der "Menschenrechtspreis des Landes Steiermark" überreicht, obwohl ErfA zwei Monate zuvor einer Frau, die sich gut begründet weigerte, die menschenrechtswidrige Zwangsmassnahme zu machen, eine Bezugsperre beim AMS veranlasste und gemeinsam mit dem AMS einen ausgesprochen negativen Bericht über die Zwangsmassnahmenverweigerin schrieb.

Es ist zu befürchten, dass auf diese Weise verschuldete Gemeinde auf Kosten der Allgemeinheit und der Arbeit suchenden ArbeitnehmerInnen reguläre Arbeitsplätze abbauen bzw. vorenthalten werden. Laut Städtebund-Vorsitzender Bürgermeister Bernd Rosenberger - so die steirische Zeitschrift Korso -, sei die Aktion ein Segen, weil der Personalstand aufgrund der Einsparungen "äußerst knapp" sei und "wir daher Spitzen im Arbeitsbedarf über diese Aktion abdecken können."

Gewerkschaft – wo bleibst Du nur?

Es bleibt daher unverständlich, warum die Gewerkschaften Arbeit suchenden Mitgliedern, die oft Jahrzehnte lang brav den Mitgliedsbeitrag gezahlt haben, derart in Stich lassen und schlechte Kollektivverträge, welche die ausgesprochen schlechte Situation einzementieren, ohne Einbeziehung der Betroffenen aushandeln. In der gpa-djp beispielsweise liegt seit über 4 Jahren ein Konzept für eine Interessensgemeinschaft für Arbeit suchende Mitglieder in der Schublade, ohne dass die gpa-djp-Führung auch nur im Geringsten an dessen Umsetzung zu denken scheint. Die AlVG-Novelle 2007 brachte für Arbeit suchende Menschen die massivsten Verschlechterungen seit bestehen der 2. Republik. Die Novelle wurde wegen Einbeziehung der freien DienstnehmerInnen und WerkvertragnehmerInnen in die Arbeitslosenversicherung trotzdem als großer Erfolg gefeiert, ohne andererseits auf die zahlreichen Verschlechterungen hinzuweisen, geschweige diese zu bekämpfen.

In der Gründungszeit war die Solidarität zwischen Erwerbsarbeit ausübenden und Arbeit suchenden Gewerkschaftsmitgliedern ein wichtiges Fundament der Gewerkschaft. Die Hälfte der Mitgliedsbeiträge wurde wieder an die Mitglieder in Form von Kranken- und Arbeitslosengeld wieder ausgeschüttet. Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung waren ursprünglich zum Teil ganz in Gewerkschaftshand oder es wurde dies zumindest am zweiten und dritten Gewerkschaftskongress 1896 und 1900 lautstark gefordert, weil diese sonst nur den Kapitalinteressen dienen würden.

Nun hat Österreich fast ausschließlich dem Kapital dienende Arbeitsmarktpolitik, wo es für Unternehmen nur Zuckerln in Form von Förderungen gibt und für ArbeitnehmerInnen fast nur Hiebe in Form von Zwangsmassnahmen, die unter Androhung des Existenzentzuges aufgezwungen werden. Die zu den Missständen im AMS schweigenden Gewerkschaften sind nicht ganz unbeteiligt daran, verdienen Sie an den "Sinnloskursen" via bfi und anderer Einrichtungen fleißig mit und so manch andere Zwangsmaßnahme wie die "gemeinnützigen Personalüberlasser" itworks (100% Tochter der SPÖ-nahen ÖSB – Österreichische Studien- und BeratungsgesmbH), jobtransfer und flexwork sind dem Dunstkreis der Regierungspartei SPÖ zuzurechnen. Dass seit Antritt der großen Koalition Gewerkschaften und AK in Sachen Arbeitsmarktpolitik auf einmal recht zahm geworden sind und keine Zusammenarbeit mehr mit Arbeitsloseninitiativen suchen, dürfte also kein Zufall sein.

Es werden sich vielleicht in Zukunft ArbeitnehmerInnen, die noch über ein reguläres Arbeitsverhältnis verfügen, fragen, wozu sie Monat für Monat Gewerkschaftsbeitrag zahlen, wenn die Gewerkschaft sich im Ernstfall der Erwerbsarbeitslosigkeit derartig unsolidarisch und arbeitnehmerInnenfeindlich zeigt, wie es derzeit leider noch der Fall ist.

Begriffserklärung:

BABE = Berufsvereinigung der ArbeitgeberInnen privater Bildungseinrichtungen, Vorsitzender: Mario Rieder, Geschäftsführer der Wiener Volkshochschulen GmbH

BABE-KV im Downloadbereich als PDF-Dokument, Auszüge als Webseite

BAGS = Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe siehe http://www.sozialewirtschaft-oesterreich.at

Fotohinweis:

Fotos von der Demo (noch mit Gewerkschaftssegen) "BAGS sucks" am 5.12.2007 unter http://www.flickr.com/photos/martinmair/sets/72157603385081175/

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